Krise der Glücksspielhochburg
Von Susanne Bobek
Atlantic City, das war einmal die Glücksspielmetropole 200 km südlich von New York City. Mit Las Vegas Tausende Kilometer weiter westlich in der Wüste Nevadas buhlten die Casinobetreiber um Auftritte der Superstars Rihanna und Beyoncé. Doch heute herrscht gähnende Leere. Und der längste Boardwalk der USA, eine riesige, hölzerne Strandpromenade, spottet jeder Beschreibung. Seit dem Sturm "Sandy" verrotten die Trümmer.
"Under the Boardwalk", der Hit der Drifters aus dem Jahr 1964, hat die Stadt einst weltberühmt gemacht, heute ist sie neben Detroit ein Symbol für den Niedergang. Schuld daran sind Fehlinvestitionen von Immobilienspekulanten, Hedgefonds und Großbanken.
In den Sand gebaut
"Man darf niemals das Angebot in einem schrumpfenden Markt erhöhen, wenn die Konkurrenten einem das Wasser bereits abgraben", sagt Andrew Zarnett, ein Branchenexperte von der Deutschen Bank. Doch genau das ist passiert.
Auf dem Höhepunkt des Booms machten die Casinos 2006 einen Jahresumsatz von vier Milliarden Euro. Das lockte Morgan Stanley an und viele Hedgefonds. Unter anderem wurde ein riesiger Glaspalast gebaut: "The Reval" eröffnete 2012 und ist jetzt pleite. 2,4 Milliarden Dollar wurden in den Sand gesetzt.
Zu Silvester 2013 gab es noch zwölf Casinos, im Herbst 2014 sind vier geschlossen: Atlantic City, Revel, Showboat und Trump Plaza. Das Taj Mahal dürfte in Kürze folgen. 8000 Jobs sind wieder verloren in einer schon jetzt von Armut und Arbeitslosigkeit geplagten Stadt mit 40.000 Einwohnern.
Anders als Las Vegas, das jetzt auch auf Familienfreundlichkeit setzt und sich bemüht, ein riesiger Wurstelprater zu werden, hätte Atlantic City trotz seiner herrlichen Lage und dem kilometerlangen Sandstrand am Atlantik den Wandel verpasst – und übersehen, dass immer mehr Bundesstaaten das Glücksspiel erlauben und die Konkurrenz damit erdrückend wird. Denn auch New York, Pennsylvania und Connecticut erlauben jetzt Casinos.
Der Bürgermeister von Atlantic City, Don Guardian, spricht von einem scherzhaften Übergang in eine neue Ära und erinnert dabei an die guten alten Zeiten.
1952 wurde Marilyn Monroe hier in der Miss-America-Parade gefeiert. Und das Rat Pack pendelte von Las Vegas herüber und machte die Bars unsicher. Diese berüchtigte Gruppe von Schauspielern und Entertainern, die aus Frank Sinatra, Sammy Davis Jr., Dean Martin, Joey Bishop, Peter Lawford und Shirley MacLaine bestand, sorgte jahrelang für ausverkaufte Konzerte. Franz Sinatra boykottierte Atlantic City nur einmal, 1983 für einige Monate, weil er und Dean Martin Ärger mit einem Black-Jack-Croupier hatten.