Chronik/Welt

Anwalt fordert Enthaftung des Salzburgers

Das Video legt nahe, dass er den Cop unabsichtlich überfahren hat. Thomas B. liegt im ungarischen Gefängnisspital in Tököl südlich von Budapest. Von Medien, die ihn als „Cop-Killer“ abstempeln, wird er abgeschirmt. Nachdem der KURIER in seiner Montagausgabe über ein neues Beweis-Video berichtet hat, das B. entlastet, darf er nun Hoffnung schöpfen. Der Fall könnte sich zu seinem Gunsten wenden.

„Einen absichtlichen Mord kann die Staatsanwaltschaft durch das Video nicht beweisen.“ Kálmán Fóris, sein ungarischer Strafverteidiger, will demnächst einen Enthaftungsantrag stellen. Die Justiz in Ungarn kennt die Aufnahme bereits. Sie widerspricht der bisherigen Version vom kaltblütigen Polizisten-Mord diametral.

B. und vier Deutsche waren am 11. Oktober am Heimweg von einer Rallye in Rumänien. Im südungarischen Apátfalva fuhren sie in ein Radar. Sie bezahlten Bußgeld. Nach der Weiterfahrt kollidierte B. beinahe mit dem zivilen Polizeiauto, zeigte dem Beamten den Mittelfinger und fuhr davon. Die Zivilstreife und zwei Motorradpolizisten verfolgten ihn.

„Gnadenlos“ und absichtlich, hieß es bislang, sei der vorbestrafte Salzburger auf den Motorrad-Cop Imre Kenéz, 34, zugerast und habe ihn mitten auf Straße dem Erdboden gleichgemacht. Kenéz starb im Rettungshubschrauber.

Das Handy-Video eines Hummer-Fahrers zeigt andere Szenen: Der Salzburger bleibt stehen und wird von einem zweiten Motorradpolizisten durch das offene Fenster attackiert. B. beteuert, der Cop habe ihm Reizgas – offenbar Pfefferspray – ins Gesicht gesprüht. Die Aufnahme legt eine solche Attacke nahe. Die Konsequenz: B. hätte nichts sehen können, als er das Gaspedal durchtrat. Am Video ist klar zu erkennen, wie das Auto auf den rechten Grünstreifen ausbricht. Dort, und nicht in der Straßenmitte, hatte sich Kenéz postiert.

Glaubwürdig

Sekunden später trafen B. vier Polizeikugeln. Der „Cop-Killer“ kam sofort in U-Haft. Anwalt Fóris hofft, dass die Mordthese vom Tisch ist. Der Jurist hält den Ball aber flach: „Die Absicht ist anhand eines Videos nicht zu beurteilen. Es wird auch um Details gehen.“ Sein Mandant sei „glaubwürdig“. Denn B.s Schilderung decke sich mit den Szenen des nachträglich aufgetauchten Videos.

Der Hummer wird untersucht. Kfz-Techniker klären, ob die Spur verstellt war und das Fahrzeug deshalb nach rechts ausbrach. Der Defekt soll von der Rallye stammen. B., sagen Zeugen, musste mehrfach nachjustieren.