Luxusyacht gesunken: Leiche 18-jähriger Milliardärs-Tochter gesichtet
Die Suche nach der letzten vermissten Person nach dem Untergang des Segelschiffs "Bayesian" in den Gewässern vor Palermo konnte am Freitag abgeschlossen werden.
Taucher drangen in den Schiffsrumpf ein und lokalisierten die Leiche von Hannah Lynch, der 18-jährigen Tochter des britischen Tycoons Michael Lynch, wie italienische Medien berichten. Die Tote soll von Spezialtauchern nun aus 50 Metern Tiefe an die Oberfläche gebracht werden.
Der Leichnam des 59-Jährigen wurde gestern, Donnerstag, aus dem Wrack der Luxusyacht aus 50 Metern Tiefe geborgen. Angela Bacares, Lynchs Ehefrau, gehört zu den insgesamt 15 Überlebenden des Unglücks, das sich am Montagmorgen in Sichtweite des Ufers ereignet hatte. Die Familie Lynch wollte gemeinsam mit Freunden den Freispruch des britischen Technologie-Unternehmers feiern, als sich das Unglück ereignete. Lynch war im Juni in den USA von Betrugsvorwürfen rund um den Verkauf seiner Software-Firma Autonomy freigesprochen worden.
Jonathan Bloomer, Präsident von Morgan Stanley International, dessen Frau Anne Elizabeth, sowie Anwalt Chris Morvillo und seine Frau Nada zählen ebenso wie der Schiffskoch zu den Todesopfern. Mit Ausnahme des Schiffskochs überlebte die gesamte Besatzung.
Insgesamt kamen bei dem Unglück am Montag sieben Menschen ums Leben. Bislang konnten sechs Leichen aus dem Rumpf des Segelschiffs geborgen werden. Fünf Todesopfer wurden außerhalb der Kabinen gefunden, in einem Bereich, der kurz vor dem Untergang überflutet worden war. Sie dürften versucht haben, sich zu retten.
Unfallhergang weiterhin unbekannt
Der genaue Hergang des Unglücks ist weiter nicht geklärt. Aufschluss erhoffen sich die Behörden von den Aufnahmen eines Tauchroboters sowie der Obduktion der Leichen. Möglicherweise wurden Crew und Gäste am Montag in der Früh vor dem Hafen Porticello unweit der Inselhauptstadt Palermo von einem schweren Unwetter überrascht. Die Jacht befand sich nur eine halbe Seemeile - etwa 900 Meter - entfernt vom Ufer. Angeblich dauerte es keine 60 Sekunden, bis sie unterging. Der Kapitän, ein Neuseeländer mit viel Erfahrung, behauptete bei seiner Einvernahme: "Wir haben es nicht kommen sehen." Allerdings gibt es erhebliche Zweifel an dieser Darstellung, war doch die Bayesian mit modernster Technik und Radargeräten ausgestattet.
Vermutet wird, dass die riesige Jacht von einer großen Menge Wasser erfasst wurde und nicht stabil genug vor Anker lag. Spekuliert wird über eine offen gelassene Luke auf dem Oberdeck sowie ein falsch eingestelltes Kielschwert am Rumpf, mit dem der Tiefgang reguliert werden kann.
Die in dem Fall ermittelnden Staatsanwälte wollen die Blackbox der "Bayesian" untersuchen lassen. Im Raum steht die Hypothese einer Reihe menschlicher Fehler. Die Untersuchung wird vom sizilianischen Staatsanwalt Ambrogio Cartosio geleitet, der von Anfang an strikte Geheimhaltung über die Ermittlungen gewahrt und erst für Samstag eine Pressekonferenz angekündigt hat. Es wird wegen Schiffbruchs, Katastrophe, fahrlässiger Tötung und Körperverletzung ermittelt.
Nach Abschluss der Bergungsarbeiten wird die Staatsanwaltschaft eine Autopsie der Leichen im Institut für Gerichtsmedizin an der Poliklinik von Palermo durchführen lassen. Die 15 Überlebenden haben sich vorerst dafür entschieden, sich von einer großen britischen Anwaltskanzlei vertreten zu lassen, die sich auch um die heiklen Aspekte der Versicherungsentschädigung kümmern soll.
Segelyacht mit regulierbarem Tiefgang
Das 15 Jahre alte Schiff - gebaut von der italienischen Werft Perini Navi - war mit einem System ausgestattet, mit dem sich der Tiefgang regulieren ließ: Unter normalen Segelbedingungen hatte es eine Kieltiefe von annähernd zehn Metern, wenn das bewegliche Schwert vollständig ausgefahren war. Damit konnten die Gegenkräfte des 75 Meter hohen Mastes ausgeglichen werden. Der Tiefgang konnte jedoch auf etwa vier Meter reduziert werden - beispielsweise, um in einen Hafen zu kommen. Möglicherweise wurde das zum Verhängnis.
Der Miteigentümer der Perini-Werft, Giovanni Costantino, machte Kapitän und Besatzung für den Untergang mitverantwortlich. „Alles, was getan wurde, offenbart eine sehr lange Reihe von Fehlern“, sagte Costantino der Zeitung „Corriere della Sera“. „Die Leute hätten nicht in den Kabinen sein dürfen, das Schiff hätte nicht vor Anker liegen dürfen. Das Unwetter war auf allen Wetterkarten deutlich zu erkennen.“
Auch Lynch-Freund kam kürzlich zu Tode
Der Tech-Unternehmer Lynch wurde in seiner Heimat gern als „britischer Bill Gates“ bezeichnet. Lynch hatte die Softwarefirma Autonomy 2011 für elf Milliarden US-Dollar (aktuell fast zehn Milliarden Euro) an Hewlett-Packard verkauft - eines der schlimmsten Übernahme-Debakel im Silicon Valley.
Zusammen mit dem früheren Finanzmanager Steve Chamberlain soll er den US-Konzern über den Zustand ihres Unternehmens getäuscht haben. Ein Geschworenengericht sprach die beiden jedoch frei. Chamberlain kam vor wenigen Tagen ebenfalls zu Tode: Er wurde beim Joggen von einem Auto erfasst.
Kurz zusammengefasst
- Am Freitag wird die Suche nach der letzten vermissten Person nach dem Untergang des Segelschiffs "Bayesian" fortgesetzt.
- Insgesamt kamen bei dem Unglück am Montag sieben Menschen ums Leben.
- Der Unfallhergang ist noch unbekannt.