Chronik/Welt

Missbrauchsvorwürfe: Der Papst ordnet Hausarrest für US-Kardinal an

Papst Franziskus hat den Rücktritt eines prominenten US-Kardinals angenommen, dem der Missbrauch Minderjähriger vorgeworfen wird. Der emeritierte Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, dürfe auch keine öffentlichen Ämter mehr ausführen, teilte der Vatikan am Samstag mit. McCarrick habe sein Rücktrittsgesuch am Freitag eingereicht.

Der 88-Jährige muss nun laut Vatikan in einem Haus bleiben, wo er ein "Leben des Gebets und der Buße" führen solle, bis die Vorwürfe gegen ihn vor einem Kirchengericht geklärt seien. McCarrick wird laut US-Medien unter anderem vorgeworfen, in seiner Laufbahn als Geistlicher in den letzten Jahrzehnten in den USA Minderjährige und Priesteranwärter missbraucht oder sexuell belästigt zu haben. In einem Fall soll es laut "New York Times" um einen elf Jahre alten Buben gegangen sein, den McCarrick vor mehr als 40 Jahren missbraucht haben soll, als er Priester in New York war.

Die Erzdiözese in New York hatte mitgeteilt, dass Anschuldigungen gegen ihn als "glaubwürdig" eingeschätzt würden. Er wurde schon damals von öffentlichen Ämtern entfernt. Der Geistliche erklärte sich für unschuldig. Er habe keine Erinnerung an einen angeblichen Missbrauch.

Einen ähnlichen Fall gab es in der Kirche zuletzt 2015, wie Kathpress am Samstag berichtete. Damals verlor der frühere Erzbischof von Edinburgh, Keith Michael Patrick O'Brien, seine Rechte und Privilegien als Kardinal. O'Brien hatte 2013 die sexuelle Belästigung von Priesteramtskandidaten zugegeben und kurz darauf sein Amt als Erzbischof der schottischen Diözese niedergelegt. Wenig später zog sich O'Brien in Abstimmung mit dem Papst für mehrere Monate zu "geistlicher Erneuerung, Gebet und Buße" ins Ausland zurück. Zu dem 2015 eingereichten Verzicht auf die Kardinalswürde hieß es wörtlich aus dem Vatikan, diesen habe O'Brien "am Ende eines langen Weges des Gebets" eingereicht.

Seltener Schritt

Mit dem Verzicht auf die Kardinalswürde erlischt das Recht des Betreffenden zur Teilnahme an einer Papstwahl und zur besonderen Beratung des Papstes. Er kann nicht mehr an Konsistorien teilnehmen und wird auch nicht mehr vom Papst zusammen mit den Kardinälen nach Rom einberufen.

Ein solcher Schritt ist in der jüngeren Kirchengeschichte extrem selten. 1927 trat der französische Kardinal und Jesuit Louis Billot (1846-1931) nach einem Streit mit Papst Pius XI. (1922-1939) zurück. Grund war Billots Unterstützung für die rechtsextreme und monarchistische Bewegung Action Francaise, die der Papst verurteilte. Pius XI. nahm Billots Ausscheiden aus dem Kardinalskollegium eine Woche später an, veröffentlichte dies jedoch erst zwei Monate später. Billot, ein renommierter Theologie-Professor, der nie zum Bischof geweiht wurde, verbrachte seine letzten Lebensjahre als einfacher Pater in einem Jesuitenhaus bei Rom.

Mit dem Rücktritt McCarricks gibt es in der katholischen Kirche derzeit 224 Kardinäle. Davon sind 124 unter 80 Jahre alt und damit zu einer Papstwahl berechtigt.

Franziskus verfolgt beim Thema Missbrauch nach eigenen Worten eine Null-Toleranz-Politik. Jedoch kommen immer wieder Vorwürfe auf, dass der Vatikan nicht konsequent und hart genug gegen Geistliche vorgehe, die sich an Kindern vergehen. Für Aufsehen sorgt seit langem vor allem der Fall des australischen Kardinals George Pell, dem in seiner Heimat Missbrauch vorgeworfen wird. Pell ist zwar von seinem Amt als Finanzchef des Vatikans freigestellt, jedoch hält er weiter den bedeutenden Titel eines Kardinals. Der Prozess gegen Pell beginnt Mitte August in Australien.