Klimakonferenz: "Was soll das heißen, historische Schuld?"
Von Bernhard Gaul
Der „Globale Norden“ bzw. die westlichen Industriestaaten stehen seit Beginn der Klimaschutzbemühungen immer im Fokus als Schuldige: Sie sollen daher schneller ihren Treibhausgasausstoß reduzieren als alle anderen, sie sollen dem „Globalen Süden“ den allergrößten Teil des Geldes für die Klimaanpassungsmaßnahmen und nun auch für die bereits eingetretenen Schäden zahlen.
Aber ist das fair? Und was ist mit China, die sind doch die Ärgsten beim Treibhausgas-Ausstoß!
Also: Ja klar, es geht um die Treibhausgase.
Die Daten von 2021 zeigen: China ist der mit Abstand größte Treibhausgas-Emittent.
Treibhausgas-Ausstoß nach Staaten in Prozent (Quelle):
- China - 32.9 % (14,3 Milliarden Tonnen CO2)
- USA – 12,5%
- EU-27 – 7,3%
- Indien 7%
- Russland 5,1%
- (alle 55 afrikanischen Staaten: rund 3,6%)
- Japan 2,9%
- Iran 1,8%
- Globaler Schiffsverkehr 1,8%
- Deutschland 1,7%
- Südkorea 1,7%
…
Österreich: 0,17% (oder etwa 80 Millionen Tonnen CO2)
Doch es geht nicht darum, was 2021 passiert ist. Es geht um die historische Verantwortung, um die historische Schuld, darum, was „Klimagerechtigkeit“, ein wichtiger Begriff jeder Klimakonferenz, beinhaltet.
Die Geschichte des Treibhausgas-Ausstoßes ist so wichtig, weil die Summe der Emissionen seit Beginn der industriellen Revolution, seit der erste Dampfkessel in Großbritannien gefeuert wurde, in einem direkten Verhältnis steht zur Erderwärmung auf 1,1°C, wie das bereits der Fall ist.
Die Menschen haben in etwa 2.500 Milliarden Tonnen CO2 seit den 1850er Jahren in die Atmosphäre geblasen. Nun bleiben nur mehr rund 500 Milliarden Tonnen übrig, die wir Menschen ausstoßen dürfen, um das 1,5°C-Ziel einhalten zu können.
Aber wie ist das mit der Schuld?
Es geht um mehr als die direkte Korrelation zwischen Kohlendioxid-Ausstoß und Erderwärmung. Wie neue Studien darlegen, geht es um die zeitliche Komponente, wann die Treibhausgase emittiert worden sind. Kurzum tragen Treibhausgase, die vor hundert Jahren ausgestoßen worden sind, noch immer zur Erderwärmung bei, und der Temperaturanstieg resultiert aus der Menge aller bisher emittierten Treibhausgase.
Also wer hat was in die Luft geblasen?
Studien, die alle Emissionen, jene aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe, der Zementindustrie, als auch der Landnutzung, zusammenzählen, kommen auf folgendes Ergebnis:
Platz 1 mit insgesamt 509 Milliarden Tonnen CO2 seit den 1850er Jahren (=20,3 Prozent aller Treibhausgase) nehmen die USA ein.
Platz 2 nimmt das ungleich größere China ein mit 11,4 Prozent aller bisherigen Treibhausgase.
3. Russland mit 6,9% aller bisherigen Treibhausgase.
4. Brasilien 4,5% (Regenwald-Abholzung, bzw Verbrennung)
5. Indonesien 4,1% (Regenwald-Abholzung bzw Verbrennung)
6. Deutschland mit 3,5 % (Kohle-lastige Industrie und Stromerzeugung)
7. Indien 3,4%
8. Großbritannien 3%
9. Japan 2,7%
10. Kanada 2,6%Frankreich, Italien und Polen sind alle noch in den Top-20.
Etwas älter, dafür auf Deutsch, eine Video-Zusammenfassung von Potsdam Institut für Klimafolgenforschung:
Zum Schluss die bisher schrägsten News von der COP27 in Sharm el-Sheikh:
Der Chef des Ölkonzerns BP, Bernard Looney, ist als Teil einer Delegation des globalen Südens auf dem Weltklimagipfel COP27 gewesen.
Looney und vier weitere BP-Mitarbeiter hätten als Delegierte des westafrikanischen Staates Mauretanien an dem noch andauernden Treffen im ägyptischen Scharm el Scheich teilgenommen, berichtete die BBC am Freitag. Die Sahelzone, zu der Mauretanien gehört, ist besonders stark vom Klimawandel betroffen, ein Großteil der Menschen lebt in Armut.
BP bestätigte der BBC, von Mauretanien zu einer Zeremonie eingeladen worden zu sein, bei der eine Einigung unterschrieben werden sollte. Dabei ging es um die Erschließung von Anlagen zur Gewinnung grünen Wasserstoffs in dem Land. Mittlerweile sei man wieder abgereist.
Der Einfluss von Öl- und Gaslobbyisten auf der Weltklimakonferenz hat einer Auswertung der Organisation Global Witness und des Corporate Europe Observatory zufolge deutlich zugenommen. Demnach sind diesmal 636 Lobbyisten für Öl, Gas und Kohle registriert - 25 Prozent mehr als bei dem Treffen vergangenes Jahr in Schottland. Damit sei die fossile Industrie in Scharm el Scheich stärker vertreten als die zehn am meisten von der drohenden Klimakatastrophe betroffenen Staaten.