Chronik/Welt

"Horrorhaus" statt Altenpflege: Senioren in Spanien gepeinigt

Die spanische "Guardia Civil" hat drastische Worte für das Bild gefunden, das sich Ermittlern in einer Villa in der Nähe von Cadiz bot: Ein "Horrorhaus" sei das Seniorendomizil im andalusischen Chiclana gewesen, twitterte die Polizei empört, nachdem sie zwei Rentner - einen Deutschen und eine Niederländerin - von dort befreit hatte.

"Sie wurden eingesperrt, unter Drogen gesetzt und durch eine Nasensonde ernährt", hieß es. Es gab sechs Festnahmen. Als Drahtzieher gilt ein deutsch-kubanisches Paar, das jahrelang alte Menschen gepeinigt und bestohlen haben soll.

In sozialen Netzwerken zeigten sich viele Spanier entsetzt: "Wie furchtbar! Hier muss es hohe Strafen geben", kommentierte eine Frau und bat die zuständigen Politiker um mehr Kontrollen in Altenheimen. Von "unerträglicher Barbarei" und einer "Schande" gegenüber "Wehrlosen" schrieben Nutzer und beschimpften die Festgenommenen.

Um 1,8 Millionen Euro betrogen

Diese sollen in den vergangenen Jahren schutzlose ausländische Rentner um mindestens 1,8 Millionen Euro betrogen haben. Einige überlebten die Tortur nach spanischen Medienberichten nicht - so auch die Deutsche Maria B., die im Alter von 101 Jahren unter ungeklärten Umständen starb. "Ohne Familie in Spanien, mit Immobilienbesitz und einer interessanten Rente war sie das ideale Opfer", schrieb die spanische Zeitung "El Mundo".

Dieser Fall hatte den Stein erst ins Rollen gebracht: Maria B. habe bis 2015 in Frankfurt/Main gewohnt und sei dann nach Teneriffa umgezogen, sagte ein Sprecher der dortigen Polizei der Deutschen Presse-Agentur. Sie habe aber lange Kontakt zu ihrer früheren Nachbarin in Deutschland gehalten - bis diese sie plötzlich nicht mehr erreichen konnte. Die Frau meldete Maria B. Ende 2017 als vermisst - und die Frankfurter Polizei bat die spanischen Kollegen um Hilfe bei der Lokalisierung der Seniorin.

Beamte fanden die betagte Dame schließlich in schlimmem Zustand und holten sie aus dem "Horrorhaus", während die Ermittlungen aber weiterliefen. Maria B. wurde in eine andere Pflegeeinrichtung gebracht, wo sie sich langsam erholte. Dort erzählte sie den Polizisten ihre Geschichte.

Frau starb im Auto

Die Betrügerbande habe sie überredet, von ihrem Haus auf den Kanarischen Inseln in das Heim in Chiclana umzuziehen. Dort aber sei sie misshandelt und monatelang gefesselt und eingesperrt worden. Zudem seien ihr nicht nur 160.000 Euro von ihrem Konto gestohlen worden, sondern auch eine unbekannte Summe aus dem Verkauf eines Hauses auf Teneriffa.

Das deutsch-kubanische Paar soll Maria B. dann - wohl mit Hilfe einer gefälschten notariellen Vollmacht - aus dem Pflegeheim abgeholt haben. Kurz darauf war sie tot. "Sie verließ um 11.00 Uhr die Einrichtung. Um 16.00 Uhr teilte das Paar mit, die Frau sei bei ihnen im Auto gestorben. Ohne Zeugen", schrieb "El Mundo".

"Wer weiß, ob sich das Paar nicht noch für eine weitere Straftat verantworten muss - die des Mordes", kommentierte das Blatt. Denn die Verdächtigen ließen die Deutsche umgehend einäschern, eine Autopsie sei nicht mehr möglich gewesen, sagte ein Sprecher der Guardia Civil zu Journalisten.

Bisher werden der Bande unter anderem Betrug an Privatpersonen, Misshandlung, Urkundenfälschung und Geldwäsche zur Last gelegt, wie die Polizei auf Anfrage mitteilte. Offenbar sollte mit den erbeuteten Geldern in El Palmar an der Costa de la Luz ein Hotel gebaut werden.

Die beiden zuletzt aus der "Casa de los horrores" befreiten Rentner seien unterernährt und "schläfrig, wie unter Drogen gesetzt" aufgefunden worden, so die Zeitung "Diario de Cadiz". Sie wurden umgehend in eine andere Einrichtung in Jerez gebracht, wo sie sich erholen sollen.