Deutschland: App sammelt Fitnessdaten, um das Virus zu verstehen
Selbst in Zeiten der Pandemie scheinen die Deutschen durchaus gewillt, zu spenden – zumindest ihre Daten. Kurz nachdem das Robert-Koch-Institut (RKI) am Dienstag in einer Pressekonferenz dazu aufrief, seine Smartwatch bzw. Fitnessarmbanduhr mit der Applikation "Datenspende" auszustatten, hatten sich schon 40.000 Menschen angemeldet. Statistisch würde es genügen, wenn etwa 10.000 Personen die App herunterladen und mit ihren Gesundheitsdaten sowie der Postleitzahl ihres Wohnortes befüllen, erklärte RKI-Chef Lothar Wieler zuvor.
Das Institut sammelt damit Angaben zu Ruhepuls, Schlaf, Aktivitätsniveau, Herzfrequenz, Temperatur, Alter, Aktivität und Gewicht. Und will daraus Rückschlüsse auf die Coronavirus-Ausbreitung ziehen.
Keine Kontaktverfolgung
Die App diene aber nicht der Nachverfolgung von Kontaktpersonen, betonte das RKI. Sie solle helfen, Infektionsschwerpunkte besser zu verstehen. Und möglichst schnell erkennen, ob jemand typische Covid-19-Symptome aufweist. "Bei einer akuten Atemwegserkrankung ändern sich diese Vitalzeichen in den meisten Fällen deutlich. Daher können auch typische Covid-19-Symptome wie Fieber durch die App erkannt werden", so das Institut. Die Experten betonen, dass die App natürlich keine Tests oder eine Meldung der Infektion ersetzen kann.
Die Daten werden unter einem Pseudonym gespeichert und unter einer individuellen Nutzer-ID an das RKI weitergeleitet.
Die Nutzung der App soll auf freiwilliger Basis beruhen. Übrigens genauso wie für die europäische Corona-Warn-App, die derzeit im Gespräch ist. Die auf Bluetooth basierende App soll Menschen schnell und anonym informieren, wenn sie Kontakt zu anderen Nutzern hatten, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Laut den 130 Beteiligten aus mehreren europäischen Ländern soll die Privatsphäre gesichert sein – also keine Verwendung von Ortungsdaten und Daten, die einen Menschen identifizieren.
Kriterienkatalog für Apps
Mit Blick auf die Diskussion um die Kontakverfolgung per App haben sich Vereine wie der Chaos Computer Club (CCC) sowie die NGO Reporter ohne Grenzen eingeschalten. Beide haben ihre Anforderungen für die Beurteilung solcher Apps veröffentlicht. Es geht dabei etwa um die Transparenz und Überprüfbarkeit der Technik – so soll der Quelltext für App und Infrastruktur als Open-Source-Software frei zugänglich sein.
Reporter ohne Grenzen fordert wiederum in einem Sieben-Punkte-Katalog, dass die gesammelten Daten strikt vor jeder anderen Nutzung durch Geheimdienste, sonstige Behörden oder Unternehmen geschützt werden müssen. Im Forderungskatalog schreibt man von klar benannten Löschfristen, deren Einhaltung ist von einer unabhängigen Stelle zu prüfen.
"Solche Technologien können in der Ausnahmesituation dieser Krise einen wichtigen Beitrag leisten, zugleich muss aber von Anfang an sichergestellt und unabhängig überprüfbar sein, dass die App die Anonymität journalistischer Quellen schützt, nur die unbedingt benötigten Daten erhebt und zu keinem anderen Zweck als zur akuten Eindämmung der Coronavirus-Pandemie verwendet wird", erklärte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, in einem Statement.