Chronik/Welt

Claudia Sheinbaum wird erste Präsidentin Mexikos laut Umfragen

Die Linkspolitikerin lag nach den Prognosen der Wirtschaftszeitung "El Financiero", des TV-Senders Televisa und des Enkoll-Instituts vorn. Erste offizielle Resultate wurden am späten Abend Ortszeit erwartet. Bei Gewalttaten während der Wahl kamen zwei Menschen ums Leben. 

Claudia Sheinbaum, die 61-jährige Kandidatin der regierenden linken Morena-Partei, kam laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Enkoll auf 57,8 Prozent der Stimmen, die konservative Oppositionskandidatin Xóchitl Gálvez erreichte demnach lediglich 29,1 der Stimmen. Für den einzigen Mann unter den Bewerbern, Jorge Álvarez Máynez, stimmten laut Enkoll 11,4 Prozent der Wähler. Die Umfragen wurden unabhängigen Nationalen Wahlinstitut (INE) autorisiert, das seine offizielle Hochrechnung für 22.00 Uhr (Ortszeit, 05.00 Uhr MESZ) angekündigt hat. Sie wurden nach der Schließung der letzten Wahllokale an der Pazifikküste freigegeben. Für den Wahlsieg reicht die einfache Mehrheit.

Sheinbaum ist eine studierte Physikerin aus einer Familie jüdischer Abstammung mit Wurzeln in Litauen und Bulgarien. Im Dezember 2018 war sie Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt geworden. Vor rund einem Jahr legte sie das Amt nieder, um Präsidentschaftskandidatin zu werden. Sheinbaum ist eine enge Vertraute des linkspopulistischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador, der laut Verfassung nach seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten durfte.

Ihre Konkurrentin Gálvez, ebenfalls 61, ist eine Tech-Unternehmerin und parteilose Ex-Senatorin, die der bürgerlichen Partei PAN nahesteht. Ihre politische Karriere begann im Jahr 2000, als sie nationale Beauftragte für indigene Völker wurde.

Neben dem Präsidentenamt wurden mit diesem größten Wahltag in der Geschichte des lateinamerikanischen Landes auch der Kongress, die Regierungen mehrerer Bundesstaaten sowie mehr als 20.000 öffentliche Ämter neu besetzt. Fast 100 Millionen stimmberechtigte Bürger waren zu dem Urnengang aufgerufen. Schon am frühen Sonntagmorgen (Ortszeit) bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Das Staatsoberhaupt tritt das Amt am 1. Oktober an.

Sowohl der Wahlkampf als auch die Stimmabgabe waren von gewaltsamen Zwischenfällen geprägt. Medien berichteten über Gewalt vor einigen Wahllokalen. In den zentralen Bundesstaaten Puebla und México sowie in einem Vorort der nordöstlichen Großstadt Monterrey gab es nach örtlichen Medienberichten jeweils einen Vorfall, bei dem Schüsse fielen - demnach kam es dabei zu je mindestens einem Todesfall. In Puebla konnte nach Angaben der Wahlbehörde des Bundesstaates, IEE, ein Wahllokal in der Gemeinde Tlapanalá nicht öffnen, weil die Wahlzettel gestohlen wurden. Demnach musste außerdem im Ort Coyomeapan die Stimmabgabe wegen Gewalt unterbrochen werden.

In den Städten Chicomuselo und Pantelhó im südlichen Bundesstaat Chiapas wurden die Wahlen wegen der Gewalt der Drogenkartelle in der Region komplett ausgesetzt. Auch der Wahlkampf war von Gewalt überschattet gewesen. Dutzende Kandidaten wurden getötet. Hinter den Anschlägen werden meist kriminelle Gruppen vermutet, die um Einfluss in bestimmten Regionen kämpfen. Die tödliche Gewalt hat Befürchtungen über eine Bedrohung der Demokratie durch rivalisierende Drogenkartelle genährt.