Bis zu 35 Tote in Budapest: War Schiffskatastrophe vorhersehbar?
Von Irene Thierjung
35 Menschen waren an Bord der „Hableany“, als das ungarische Ausflugsschiff Mittwochabend im Zentrum Budapests in der Donau versank. Bisher wurden zwar nur sieben Todesopfer geborgen, die Einsatzkräfte gehen aber davon aus, dass die noch vermissten 21 Menschen ebenfalls ums Leben gekommen sind. Lediglich sieben Personen konnten gerettet werden.
Experten sprechen mittlerweile von einer Katastrophe, die nicht völlig unerwartet kam. Schiffstouren sind bei Touristen in der ungarischen Hauptstadt sehr beliebt. Gerade in den Stunden nach Sonnenuntergang üben prächtig beleuchtete Gebäude wie die Burg von Buda oder das Parlament eine besondere Anziehungskraft aus.
In letzter Zeit führte dies zu einem erheblichen abendlichen Verkehrsaufkommen auf der Donau. Die kleinen Ausflugsschiffe laufen dabei Gefahr, bei Wendemanövern in die Spur der großen Kreuzfahrtschiffe zu geraten, die sich nur schwer manövrieren lassen.
Die Website Index.hu zitiert einen erfahrenen Bootsmann: „In unseren Kreisen wurde schon öfter darüber geredet, dass das eigentlich sehr gefährlich ist, aber dass es eben so weitergehen wird, bis es zu einer Tragödie kommt, wie sie jetzt eingetreten ist.“
Kaum noch Hoffnung
Das Schiff mit 30 südkoreanischen Touristen, drei Reiseführern und zwei Besatzungsmitgliedern an Bord war am Mittwoch kurz nach 21 Uhr mit dem weitaus größeren Flusskreuzer „Viking Sigyn“ kollidiert – und binnen Sekunden untergegangen. Die Hoffnung, die noch vermissten 21 Personen lebend zu bergen, schwand am Donnerstag zusehends.
Nach den starken Regenfällen der letzten Tage ist die zehn Grad kalte Donau in der ungarischen Hauptstadt noch trüber als sonst, dazu kommt ein hoher Wasserstand und eine starke Strömung, die Tauchgänge zunächst verhinderte. Nichtsdestotrotz bauten Soldaten gestern über der Unglücksstelle eine Taucherplattform auf.
„Die Polizei hat die Margaretenbrücke, eine der wichtigsten Brücken der Stadt, zum Teil gesperrt“, berichtete der ungarische Journalist Zsolt Kerner dem KURIER am Nachmittag von der Unglücksstelle.
„Sonst passiert derzeit nicht viel. Die Rettungskräfte können im Wasser nichts sehen.“ Zunächst sei nicht einmal klar gewesen, ob sich das gesunkene Boot überhaupt noch an der Unglücksstelle befinde, so Kerner.
Das Wrack wurde später doch unter der Brücke lokalisiert, die Bergung könnte bis zu einer Woche dauern, hieß es. Nach den Opfern wird angesichts der starken Strömung auch donauabwärts gesucht, bis zur südlichen Grenze Ungarns. Dieser Teil des Flusses ist auf Weiteres für die Schifffahrt gesperrt.
„Viele Gerüchte“
Laut Augenzeugen war die „Hableany“, deutsch „Nixe“, unter der bekannten Margaretenbrücke vor die mächtige „Viking Sigyn“ gebogen, gekentert und in sieben Sekunden gesunken. Das Flusskreuzfahrtschiff trug nur geringe Schäden davon, alle Menschen an Bord blieben unverletzt. Der Kapitän und weitere Besatzungsmitglieder wurden als Zeugen befragt.
Angeblich soll die „Hableany“ vor dem Zusammenstoß von hinten gerammt worden sein – was die Behörden zunächst nicht kommentierten. „Es gibt viele Gerüchte“, sagte auch Journalist Kerner.
Unterstützung aus Österreich
Während die ungarischen Behörden Strafermittlungen wegen Gefährdung mit massenhafter Todesfolge einleiteten, schickte Südkorea eine „schnelle Einsatztruppe“ aus 18 Beamten und Rettungskräften nach Ungarn. Das österreichische Einsatzkommando Cobra entsandte zehn Taucher zur Unterstützung der ungarischen Kollegen nach Budapest.
Zudem wurden Angehörige der Todesopfer eingeflogen – mithilfe des südkoreanischen Reisebüros „Very Good Tour “. Die Agentur hatte die 13-tägige Rundreise der Touristen organisiert, die diese in sechs osteuropäische Länder führen sollte. Südkoreanischen Medien zufolge waren die meisten Tour-Teilnehmer 40 bis 50 Jahre alt, es war aber auch mindestens ein Kind (sechs Jahre) unter ihnen.