Chronik/Österreich

Wiener Buchhändler: „Ich trag’ sicher kein Packerl zur Post“

Die Buchhandlung von Reinhold Posch ist in etwa so hoch wie breit und bis oben hin vollgeräumt mit Büchern. „Ich bin Sammler, habe zu Hause mehr Bücher als im Geschäft. Und wenn ich unterwegs bin, trag’ ich sie im Sackerl spazieren“, sagt der studierte Botaniker, der gar nicht verraten möchte, wielange er die Buchhandlung schon hat. Das eine Jahr waren es 39 Jahre, dann plötzlich 41. Jubiläen feiert er halt nicht so gern.

Dafür steht er gern im Geschäft. Oft schon früh morgens, um die Packerl entgegenzunehmen, die er bei Verlagen bestellt hat. Aber nicht nur diese. Weil bei ihm meist schon Licht brennt, wenn es in den Geschäftslokalen ringsum noch zappenduster ist, landen viele Pakete zwischenzeitlich bei ihm. „Die Zusteller sind ja arm, unter Zeitdruck, kennen sich in der Gegend überhaupt nicht aus“, sagt Posch. „Dann nehm’ ich halt die Lieferungen an und verteil sie später.“

Er selbst käme nicht auf die Idee, Bücher zu verschicken. Daran ändern auch Marktzahlen nichts, laut denen bereits jeder vierte Österreicher online Bücher kauft. Tendenz steigend. Nur Elektronik wird noch öfter im Web gekauft. Posch zuckt mit den Achseln. „ Amazon is’ mir wurscht“, sagt er. „Bei mir kann man online bestellen, aber ich binde sicher keine Packerl und trage sie dann zur Post. In dieser Zeit rede ich lieber mit den Leuten.“

Seine Kunden sind ihm und Theresa Sebung, seiner rechten Hand, treu. Einbußen wegen der Online-Konkurrenz hat er keine. „Ich glaube, er hat seit Jahrzehnten nichts mehr in sein Geschäft investiert, auf den Bücherkisten vor der Tür klebt der Feinstaub der letzten Jahrzehnte“, sagt ein Konkurrent. „ Aber er ist eine Institution. Alle kommen zu ihm, auch viele Autoren.“

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Lokaler Zusammenhalt

Ein Schwerpunkt der Buchhandlung ist österreichische Literatur, bestenfalls mit Lokalkolorit. Derzeit steht der Titel des Schauspielers Wolfgang Böck im Schaufenster. Für Posch nur logisch:„Er wohnt um die Ecke, kurbelt hier das Geschäft vom Wirtshaus und Trafikanten an – und ein bissl auch von mir.“

Derzeit ist Hochsaison im Buchhandel. Traditionell setzt die Branche im Dezember mehr als doppelt so viel um wie in anderen Monaten. Das Weihnachtsgeschäft sei wie eine Metamorphose. „Die sanfte Einteilung, an der wir das ganze Jahr im Sortiment arbeiten ist verloren“, sagt Posch. Er steht im Morgengrauen vor seinem Geschäft, inmitten von Paketen, die er auspackt. „Drin ist kein Platz mehr, alles vollgeräumt.“