Chronik/Österreich

Wenn Anwälte ausrasten: Freibrief oder 4500 Euro Strafe

Ein Rechtsanwalt handelte sich 4500 Euro Disziplinarstrafe ein, weil er für einen Polizeieinsatz im Gericht gesorgt und damit Ehre und Ansehen seines Berufsstandes beeinträchtigt hat.

Der im Bezirksgericht Salzburg wenig bekannte Jurist war unkontrolliert durch die offene Schleuse gestürmt, ohne sich unter Vorlage seines Ausweises zu legitimieren. Als er das Gebäude auf dem selben Weg wieder verlassen wollte und ihn ein Sicherheitsorgan aufzuhalten versuchte, gab er dem Mann an der Pforte einen Rempler und riss sich los.

Der Anwalt wurde vom Disziplinarrat zunächst zu 5000 Euro Strafe verurteilt und beschwerte sich dagegen beim Disziplinargericht für Rechtsanwälte beim Obersten Gerichtshof (OGH). Er sei durch eine vom Kontrollorgan gesetzte Nötigung bzw. Freiheitsentziehung am Verlassen des Gebäudes gehindert worden und habe zur gerechtfertigten Notwehr gegriffen. Der OGH beschied ihm, dass Kontrollorgane – etwa im Fall eines Schwarzfahrers unbekannter Identität im Massenbeförderungsmittel– zum Festhalten berechtigt sind und Notwehr dagegen nicht zulässig ist. So verhält es sich auch bei der Ausübung des Hausrechts im Gerichtsgebäude. Darüber hätte der Mann als Anwalt Bescheid wissen müssen, merkte der OGH süffisant an.

Gegen eine Herabsetzung der Strafe sprach, dass der Anwalt „die Konfliktsituation geradezu provoziert“ hatte, ganz abgesehen von seiner „Uneinsichtigkeit“. Weil das Rechtsmittelverfahren länger als sechs Monate dauerte, wurde die Strafe um 500 Euro reduziert.

Ehefrau attackiert

Zur Gänze aufgehoben wurde die Disziplinarstrafe von 3000 Euro für einen anderen Anwalt, der seiner Ehefrau ein blaues Auge zugefügt hatte. Ein Streit wegen des von ihr verursachten Verkehrsunfalles war voran gegangen. Da sich die Ehefrau ihrer Aussage entschlug, war der Hergang des Streits für das Disziplinargericht nicht eindeutig zu klären. Die tätliche Attacke des Anwalt könne „verschiedene Begleitumstände“ gehabt haben. Ein „unqualifiziertes Benehmen im Privatleben“ sei daher nicht nachzuweisen, blaues Auge hin oder her.