Chronik/Österreich

Vorarlberg: Drei Tote nach Amoklauf

Eine tödliche Schießerei hat sich in der Nacht auf Sonntag auf einem Konzertgelände in Nenzing in Vorarlberg ereignet. Nach Angaben der Sicherheitsdirektion Vorarlberg schoss ein 27-jähriger Mann scheinbar wahllos in die Menge, tötete zwei Menschen und verletzte elf weitere. Anschließend begab sich der Täter zum nahe gelegenen Parkplatz und richtete sich selbst. Die Hintergründe sind unklar. Eine der verletzten Personen schwebt in Lebensgefahr, zwei weitere konnten das Krankenhaus bereits wieder verlassen. Bei den zwei Getöten handelte sich nach Angaben der Polizei um zwei Männer im Alter von 48 und 33 Jahren, die aus der Region stammten.

Nach den Schüssen ist eine Massenpanik ausgebrochen. Viele der Festgäste seien in angrenzende Wiesen und Wälder und sogar auf die Autobahn geflohen, schilderte Nenzings Bürgermeister Florian Kasseroler (FPÖ) die dramatischen Ereignisse aus der Tatnacht. Die Betroffenheit in der 6.200 Einwohner-Gemeinde sei riesengroß, so das Gemeindeoberhaupt.

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Laut Polizei war es zuvor im Parkplatzbereich des Konzertgeländes zu einem Streit zwischen dem späteren Schützen und einer Frau gekommen. Diese Auseinandersetzung eskalierte, woraufhin der Mann eine Schusswaffe aus seinem Fahrzeug holte, sich zum Konzertgelände begab und dort um sich schoss. Die Frau blieb dabei unverletzt. Genaue Hintergründe sich derzeit noch nicht bekannt - die Einvernahmen sowie die Tatortarbeit sind noch am Laufen.
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Auf dem Konzertgelände im Bezirk Bludenz hielten sich zur Tatzeit um 3.00 Uhr etwa 150 Besucher auf. Das Konzert wurde von einem Motorradklub organisiert, laut Polizei war das Publikum nicht nur auf Motorradfans beschränkt. Die Verletzungen seien "sehr unterschiedlich", sagte Polizei-Sprecherin Susanne Dilp gegenüber der APA. Klar war, dass manche durch die Schüsse des 27-Jährigen aus Vorarlberg zumindest schwer verletzt wurden.

Der Veranstalter des Konzerts in Nenzing, der heimische Motorradclub (MC) "The Lords", wollte die tragischen Ereignisse nicht kommentieren. Der Motorradclub hatte bereits in den vergangenen Jahren Konzerte organisiert. Auf der Homepage des Vereins heißt es, dass "wir uns mit der "Lordsparty" Ende Mai einen Namen gemacht haben". Es handle sich dabei um eine der größten Bikerveranstaltungen in Vorarlberg. Man habe bei diesen 48 Stunden-Non-Stopp-Partys auch schon bekannte Bands präsentiert.

"Möglichst großes Zeichen setzen"

Auch wenn es zu früh ist, über eindeutige Motive für den Amoklauf eines 27-Jährigen bei einem Konzert Nenzing in Vorarlberg zu spekulieren, wollte der Mann mit seiner Tat wohl "ein möglichst großes Zeichen setzen". Amokläufern gehe es bei ihren Gewaltdelikten "um alles", sagte Psychologe Cornel Binder-Krieglstein. Der eigene Selbstmord wird dabei oft miteingeplant.

"Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Täter handelt im Affekt gehandelt oder die Tat war geplant", sagte Binder-Krieglstein. Grundsätzlich gehen Amokläufen subjektiv erlebte Kränkungen hervor. Die Täter fühlen sich gedemütigt, bis schließlich "eine Grenze überschritten wird und die Hemmschwelle fällt", sagte der Psychologe. Auch der Amoklauf in Nenzing dürfte nicht aus dem Nichts gekommen sein. Ungewiss ist aber, ob der Täter im Affekt gehandelt hat.

Beziehungsstreit

Laut Polizei soll der Täter zuvor mit seiner Freundin in Streit geraten sein. Anschließend holte der Mann das Gewehr aus seinem Auto und begann von einem Platz, wo Taxis auf Fahrgäste warteten, zu schießen. Zumindest zwei der Fahrzeuge wurden beschädigt. Einer der Verletzten im Alter zwischen 25 und 53 Jahren dürfte ein Taxifahrer sein.

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Amokläufe wie bei dem Konzert in Nenzing sind in Österreich selten. Bei einem Amoklauf handelt es sich meist um ein mit Schusswaffen angerichtetes Blutbad. Nur in Ausnahmefällen greifen die Täter zu anderen Waffen wie Messer. Im Folgenden einige Fälle der vergangenen Jahre:

Juli 1986 - Ein 43-jähriger Frührentner schießt im Stiegenhaus seines Wohnhauses in Wien-Hernals wahllos um sich und trifft dabei drei Menschen - eine Frau tödlich. Der Mann selbst wird von einem Polizisten erschossen.

März 1995 - Fünf Tote und zwei Verletzte gehen auf das Konto eines Pensionisten, der im Bezirksgericht von Urfahr-Umgebung in dem nördlich der Donau gelegenen Stadtteil Linz-Urfahr ein Blutbad anrichtet. Der Täter flüchtet vorerst, er tötet sich aber wenige Stunden nach dem Blutbad selbst.

November 1997 - Sieben Tote fordert der Amoklauf des 36-jährigen Mechanikers in Mauterndorf im Lungau in Salzburg. Der Eigenbrötler und Waffennarr erschießt einen Computertechniker sowie dessen 40-jährige Lebensgefährtin und deren dreijährige Tochter. Danach tötet er den Mauterndorfer Schuldirektor vor dessen Haus. An einem dritten Schauplatz erschießt er auch noch einen 19-jährigen und dessen Freundin. Nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei begeht der Amokläufer Selbstmord. In hinterlassenen Schreiben zitiert er "Dämonen", die ihn zu den Taten veranlassten.

August 2001 - Mit unglaublicher Brutalität löscht ein 21-jähriger Fleischhauer in Seeham im Flachgau drei Menschenleben aus: Mit einem etwa 30 Zentimeter langen Küchenmesser sticht der junge Mann auf einen 51-jährigen Frühpensionisten, dessen 47-jährige Ehefrau und die 18-jährige Tochter ein und schneidet allen Dreien die Kehle durch.

April 2005 - Drei Menschenleben fordert ein Amoklauf in Potzneusiedl im Nordburgenland. Ein 45-jähriger Mann erschießt zunächst mit einer Faustfeuerwaffe zwei Frauen in einem Haus und zwingt anschließend einen Taxifahrer, zu einem etwa 250 Meter entfernt gelegenen Haus zu fahren. Dort tötet er eine weitere Frau. Der mutmaßliche Mörder wird nach seiner Flucht in Wien festgenommen.

September 2013 - Ein als Wilderer verdächtigter 55 Jahre alter Transportunternehmer erschießt in Niederösterreich drei Polizisten und einen Rotkreuz-Mitarbeiter. Der Mann verschanzt sich auf einem Bauernhof bei Melk, worauf eine Hundertschaft an Einsatzkräften stundenlang das Gehöft belagert. Gegen Mitternacht entdecken die Einsatzkräfte in einem Geheimraum eine stark verbrannte Leiche. Bei dieser dürfte es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den 55-Jährigen handeln.

Juni 2015 - Ein 26-Jähriger tötet bei einer Amokfahrt durch die Grazer Innenstadt drei Menschen, darunter einen vierjährigen Buben. 36 weitere Fußgänger werden von dem Pkw erfasst und zum Teil schwer verletzt.