Chronik/Österreich

VfGH-Präsident rügt die Regierung

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), Gerhart Holzinger, übte am Freitag am Rande einer Pressekonferenz zu Entscheidungen des Höchstgerichts scharfe Kritik am Umgang der Politik mit der Flüchtlingsbewegung. Es eröffne sich grundsätzlich die Frage, wie wirksam das Recht sei. Holzinger stellt sich damit hinter den steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der angesichts der chaotischen Zustände in Spielfeld das Sichern der Grenze als Kernaufgabe des Staates bezeichnet und einen verstärkten Einsatz der Sicherheitskräfte gefordert hatte.

Auch für den Präsidenten des Höchstgerichts kommt das späte Abrufen der Kapazitäten des Bundesheeres zu spät. Die Zivilgesellschaft leiste Großartiges, aber staatliche Strukturen könnten durch nichts ersetzt werden. „Kein Staat kann das bewältigen, ohne auf seine hoffentlich gut funktionierenden Strukturen wie Bundesheer und Polizei zurückzugreifen.“ Wenn man Basisdienste wie Empfang, Registrierung, Versorgung und Transport von Flüchtlingen nur den Hilfsorganisationen überlasse, müsse man sich fragen: „Wozu habe ich dann den Staat?“

Rechtzeitige Vorsorge

Holzinger vermisst einen Notfallplan der Regierung „für eine Situation, in der sich Zigtausende in Bewegung setzen.“ Die Art und Weise, wie bisher gehandelt wurde, „deutet nicht darauf hin, dass es einen solchen gibt.“ Der Präsident kritisierte auch das Aushungern von Polizei und Bundesheer und verlangte rechtzeitige Vorsorge. Ohne Heer komme man nicht aus, da müsse man gar nicht an einen Krieg denken. Es reiche schon, „dass die Sicherung der Grenzen in Gefahr kommt.“

Holzinger plädiert für eine europäische Lösung. Danach schaue es jedoch nicht aus, zumal es bei der Flüchtlingsfrage gegensätzliche Interessen gebe. Also bleibe Österreich nichts anderes über, als „unter Aufbietung aller Kräfte diese krisenhafte Situation zu bewältigen.“ Das müsse so geschehen, „dass in der Bevölkerung nicht der Eindruck entsteht, dass man überfordert ist“, verlangte der VfGH-Präsident.