Chronik/Österreich

US-Polizeisirenen für Österreich?

Österreichs Retter dürfen jaulen, wie sie wollen. Ob Tatüü-Tatütatütatüüü (wie die Polizei) oder nur Tatüü Tatüü (wie die Feuerwehr) – das Gesetz stellt jeder Blaulichtorganisation mehr oder weniger frei, wie sie sich Platz verschafft auf der Straße. Doch so ganz funktioniert das nicht. Die Autolenker wollen nicht immer so, wie die Einsatzfahrer das gerne hätten, berichten diese immer wieder.

In Deutschland werden deshalb derzeit in sechs Bundesländern die Folgetonhörner umgestellt. Das "Yelp" aus den USA ersetzt das Martinshorn zwar nicht komplett, es kommt aber als Zusatz. Denn der bisherige Ton hat sich "zum Einleiten eines Anhaltevorgangs als ungeeignet erwiesen". Künftig werden Autos nicht mehr überholt und angehalten, sondern wer von hinten das "Yelp" hört, muss rechts ranfahren. Wie in den Vereinigten Staaten.

Vorteile für die Polizisten

Das hat für die Beamten der Polizei mehrere große Vorteile: Sie können hinter dem anzuhaltenden Fahrzeug stoppen statt davor. Bleibt die Funkstreife nämlich davor stehen, steigen die Beamten mit dem (ungeschützten) Rücken zum Autofahrer aus. Außerdem kann das stehende Fahrzeug auf einer Autobahn oder Bundesstraße nicht so gut abgesichert werden, weil der Wagen das Blaulicht teilweise verdeckt.

Steht die Funkstreife hingegen hinter dem gestoppten Wagen, dann haben die Beamten nicht nur den möglichen Amoklenker notfalls im Schussfeld (statt im Rücken), sondern auch die nachfolgenden Fahrzeuge sehen das Blaulicht besser. Die bessere Sichtbarkeit erhöht auch die Verkehrssicherheit. In den vergangenen Jahren gab es sogar Todesopfer bei den Rettern, weil die am Pannenstreifen trotz Blaulichts übersehen wurden.

Das Meinungsforschungsinstitut "Oekonsult" startete sogar eine Umfrage unter mehr als 1000 Österreichern. Demnach sind 87,1 Prozent der Bevölkerung gegen den US-Sirenenton, lediglich 2,6 Prozent sind "voll und ganz" überzeugt vom "Yelp". Fast die Hälfte der Befragten sehen sogar eine "fortschreitende Amerikanisierung", die sie ablehnen. Überraschend: Neun von zehn Österreichern konnten die drei verschiedenen Sirenen richtig der Rettung, der Polizei und der Feuerwehr zuordnen. Fast zwei Drittel würden eine Petition gegen die US-Sirene unterschreiben.

Eine Änderung der Signale sei aktuell nicht geplant, daher gebe es auch keine Diskussion, erklärte der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck. ORF-online fragte vor zwei Wochen ebenfalls bei verschiedenen Einsatzorganisationen nach, warum Österreich einer der wenigen Länder in Europa ist, das nicht umstellt. Bei den Rettungsdiensten sah man "aktuell keinen Bedarf", der Feuerwehrverband sieht für eine Änderung "weder Anlass noch aktuelle Bestrebungen".

Laut Kraftfahrgesetz darf jeder Ton verwendet werden, der einen gut wahrnehmbaren, nicht auf- und abschwellenden, nicht schrillen Klang hat, theoretisch könnte die Polizei also auch mit den Anfangstakten von "La Cucaracha" auf Verbrecherjagd gehen. Mit der Formulierung ist aber umstritten, ob für das "Yelp" eine Gesetzesänderung notwendig ist. Doch in den USA wird bereits auf die nächste Generation umgestellt. "Rumbler" heißt die neueste Erfindung. Das ist eine Spezialsirene mit Schallwellen. Diese sind so stark, das sie bis zu 70 Meter weit einen Effekt haben wie ein voll aufgedrehter Subwoofer (Bass). "Damit könnte man künftig die Rettungsgasse einfach freirütteln", schreibt der Rettungsdienst in einem Blog. In einem Test konnte in den USA sogar ein tauber Mensch die Vibrationen der Sirene wahrnehmen.