Totes Baby: Jugendwohlfahrt wird beleuchtet
Von Thomas Martinz
Der Fall jenes zwei Monate alten Babys, das in der Vorwoche in Klagenfurt an den Folgen schwerer Misshandlungen verstorben ist, wird nicht nur ein gerichtliches Nachspiel für den 23-jährigen Vater haben. Auch die Rolle der Jugendwohlfahrt, die die Familie ein Jahr lang betreute, wird unter die Lupe genommen.
"Wir werden den Fallverlauf ganz genau analysieren. Wer hatte wann welchen Kontakt mit der Familie? Ist alles ordnungsgemäß abgelaufen? Diesen Fragen werden wir nachgehen", kündigt die Leiterin der Kärntner Jugendwohlfahrt, Christine Gaschler-Andreasch, an. Es gebe mehrere Personen aus dem Umfeld der Sozialabteilung, die mit Vater, Mutter und den beiden Kindern (ein sechsjähriges Kind der Mutter ist seit dem Tod der Halbschwester in der Obhut der Großeltern) in Verbindung gestanden wären.
Knochenbrüche?
Die Betreuung habe sich über ein Jahr hin gezogen – mit einem Kontakt pro Woche. "Wir versuchen zu ergründen, ob man etwas anders machen hätte können." Zuerst gelte es aber, den Obduktionsbericht abzuwarten, sagte Gaschler-Andreasch. Laut Staatsanwaltschaft könnte sich das medizinische Gutachten verzögern. "Der Gutachter hat eine Folgeuntersuchung angeordnet", teilte Staatsanwalt-Sprecherin Antoinette Tröster mit. Aus dem Klinikum war zu hören, dass das Baby mehrere ältere Knochenbrüche aufgewiesen habe. Das wollte die Staatsanwaltschaft nicht kommentieren.
Primarius Wolfgang Wladika, Vorstand der Kinder- und Jugend-Abteilung für Neurologie und Psychiatrie am Klinikum Klagenfurt, ließ indes mit der Tatsache aufhorchen, dass am Klinikum in den letzten zwei Jahren sechs Fälle von schweren Kindesmisshandlungen bei Säuglingen aufgedeckt worden seien. "Dabei handelt es sich um Schütteltraumata, Brüchen und Verbrennungen. Es sind sechs Fälle, die alle sozialen Schichten betreffen", betont Wladika.
Psychische Gewalt
Er glaubt nicht, dass im Großraum Klagenfurt mehr Misshandlungen von Säuglingen stattfinden würden, meint vielmehr: "Wir haben eine sehr sensible Kinderchirurgie, die die Symptome richtig deuten. Und dennoch wird nur die Spitze des Eisbergs öffentlich. Verwahrlosung, Vernachlässigung und psychische Gewalt ist nicht zwingend sichtbar, äußert sich oft erst später in Form von Verhaltensauffälligkeiten."