Chronik/Österreich

So flog die Kindesentführung auf

Ini und Bimbi, ich habe euch sehr, sehr lieb. Egal, wer euch etwas anderes sagt, ich habe euch nie vergessen“ – das sind die berührenden Worte der Mutter in einer Videobotschaft vom Februar 2008. Drei Jahre zuvor waren die beiden Kinder – damals vier und acht Jahre alt – entführt worden. Der Vater hatte gedroht, die Kinder zu töten und das gemeinsame Haus in die Luft zu sprengen. Als nach Jahren der Ermittlungen eine mögliche Spur nach Deutschland kalt wurde und auch die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes keine Spur von Johann E. fanden, vermutete die Polizei bereits einen Mordfall.

Nun sind Ingrid und Philipp nach beinahe neun Jahren überraschend wieder aufgetaucht. Der Vater hatte vor rund einem Monat einen tödlichen Motorradunfall in Encarnacion, in ihrer neuen Heimat Paraguay, erlitten. Danach wurde der österreichische Honorarkonsul kontaktiert – und die Sache flog auf. Mittlerweile wurde die Mutter Georgina kontaktiert, die bereits vor Jahren nach Ungarn gezogen ist, dort für eine Kosmetikfirma arbeitet und offenbar noch einmal geheiratet hat. „Sie hat sich sehr gefreut“, erklärt Martin Weiss, Außenministeriums-Sprecher.

Im Hintergrund laufen momentan Gespräche, wie der mittlerweile 13-Jährige und seine 16-jährige Schwester mit der Mutter zusammengeführt werden können. Als Vermittler wurde der lokale Pfarrer eingeschaltet. Für beide Kinder wird es nicht leicht sein, in Ungarn zu leben, wo sie der Sprache nicht oder kaum mächtig sind; zusammen mit der Mutter, die sie seit neun Jahren nicht gesehen haben.

„Das braucht viel Fingerspitzengefühl“, meint Weiss. Die Kinder, die weiterhin österreichische Staatsbürger sind, sind derzeit bei der neuen Lebensgefährtin von Johann E. untergebracht und gehen in Paraguay in die Schule. Sie führen ein normales Leben in der Abgeschiedenheit. Das soll vorerst auch einmal so bleiben. Bekannte von Johann E. waren aber in den Hintergrund der Entführung eingeweiht und hatten deshalb nach seinem Tod den Honorarkonsul in Paraguay alarmiert.

Johann Ehmann hatte seine Kinder 2004 nach einem Sorgerechtsstreit entführt und war ins Ausland geflüchtet
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Bundesministerium für Inneres
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Krankenpflegerin

Begonnen hatte die tragische Geschichte vor Jahrzehnten, als die gebürtige Ungarin Georgina E. nach Österreich kam, um als Krankenpflegerin zu arbeiten. Sie betreute die Mutter von Johann E., im Zuge dessen wurden Johann und Georgina ein Paar. Sie kauften ein Haus in Dietrichsdorf (Bezirk Graz-Umgebung). Nach der Hochzeit und der Geburt der beiden Kinder begann es allerdings bald zu kriseln.

„Wenn du mich verlässt, bringe ich die Kinder um und sprenge alles in die Luft“, drohte Johann E. Bei der anschließenden Scheidung wurden Georgina die Kinder zugesprochen, der Vater erhielt allerdings ein Besuchsrecht. Dabei nutzte er den achten Geburtstag von Ingrid und verschwand mit den beiden Kindern. Die Fahndung nach dem Trio und dem Opel des Entführers blieb ergebnislos. Auch auf der Homepage des Innenministeriums wurden die Bilder der drei gezeigt.

2005 nahmen die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes ihre Arbeit auf. Doch Johann E. dürfte geschickt vorgegangen sein und jeden Kontakt zur Heimat abgebrochen haben. Ob er unter falschem Namen lebte, ist unklar. In Südamerika ist es sicher möglich, gefälschte Papiere aufzutreiben. Da gegen ihn ein internationaler Haftbefehl vorlag, wird er wohl nicht unter seinem richtigen Namen aufgetreten sein.

Doch selbst eine Auslieferung wäre wohl nur schwer möglich gewesen, wie der Fall des Kärntners Sandro H. bewiesen hat. Der Österreicher stand sogar unter Mordverdacht und kaufte sich offenbar immer wieder aus der Haft frei. Erst nach über vier Jahren kam es dann im Vorjahr zu einer Überstellung nach Österreich – allerdings unter Auflagen. Zwar gibt es theoretisch ein Auslieferungsabkommen mit Paraguay, das stammt allerdings aus dem Jahr 1907.

Der Fall auf der Website des Innenministeriums