Aus für „Shared Space“ in Graz
Keine Verkehrsschilder, keine Ampeln, keine Zebrastreifen, alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt: Als erster Landeshauptstadt Österreichs zog vor eineinhalb Jahren der „Shared Space“ an einem belebten Platz in Graz ein.
Rechtlich einwandfrei war das Projekt allerdings nicht. „Shared Space war in der Straßenverkehrsordnung nicht geregelt“, lässt FPÖ-Verkehrsstadtrat Mario Eustacchio wissen und dreht das „grüne Experiment“ seiner Vorgängerin Lisa Rücker ab. Im Mai sollen wieder Verkehrsschilder aufgestellt werden, die auf die nunmehrige Begegnungszone verweisen: Die jüngste Novelle der StVO ermöglicht es, Fußgängern tatsächlich dauerhaft Vorrang zu gewähren. In der Begegnungszone ist die Straße Fahrbahn und Gehweg gleichzeitig, während sie bei „Shared Space“ eigentlich rechtlich ausschließlich eine Fahrbahn war: Fußgänger durften sie zwar kreuzen, hätten sie aber so schnell wie möglich wieder verlassen müssen.
Künftig haben die Fußgänger aber mehr Rechte: Sie dürfen überall gehen, die anderen Verkehrsteilnehmer müssen auf sie Rücksicht nehmen, erläutert ein Mitarbeiter Eustacchios den Unterschied. Auch ein niedrigeres Tempolimit ist durch die „Begegnungszone“ möglich, die StVO sieht 20 km/h vor, bisher galten 30 km/h.
Von Beginn an war „Shared Space“ in Graz umstritten, auch wegen der Auswahl des Platzes: Der Sonnenfelsplatz neben der Universität ist mit 1300 Kfz, 1700 Radlern und 3000 Fußgängern pro Stunde einer der am stärksten frequentierten Bereiche der Stadt. Fünf Straßen münden ein, drei Buslinien werden dort geführt. Der Umbau des Platzes kostete 750.000 Euro: Gehsteige wurden geschleift, Farbkennzeichnungen aufgemalt, Hilfen für sehbehinderte Menschen eingerichtet.
Allerdings dürften sich die Verkehrsteilnehmer aber rasch an das ungewohnte Modell gewohnt haben: Zwischenfälle gab es nicht mehr als zuvor, als der Platz noch von einem Kreisverkehr dominiert war.