Chronik/Österreich

Rettungsgasse funktioniert mittlerweile etwas besser

Gefühlsmäßig klappt die Rettungsgasse mittlerweile etwas besser. Oder wir hören einfach weniger Klagen", sagt Brigadier Ferdinand Zuser, Chef der niederösterreichischen Verkehrspolizei.

Ähnliches hört man beim österreichischen Feuerwehrverband: "Gefühlsmäßig ist die Lage etwas besser geworden", sagt dessen Sprecher Andreas Rieger. Auch bei den beiden Automobilclubs ARBÖ und ÖAMTC heißt es unisono, dass langsam ein leichter Aufwärtstrend zu spüren sei.

Also haut es jetzt endlich doch langsam hin mit der viel gescholtenen Rettungsgasse? In den vergangenen Wochen waren allerdings auch andere Schlagzeilen zu lesen: "Sack- statt Rettungsgasse" titelte die Kleine Zeitung Ende August. Nach einem Unfall im Katschbergtunnel kamen die Retter nicht durch den acht Kilometer langen Stau und mussten über die Bundesstraße zufahren. "Keine Rettungsgasse: Autofahrer behindern Einsatz der Feuerwehr", meldeten Mitte August die Niederösterreichischen Nachrichten. Und im Juli zeigte Heute auf seiner Titelseite ein Bild von gleich fünf Einsatzfahrzeugen, die mitten im Wahnsinn Rettungsgasse auf der A 23 eingezwickt wurden.

Aufwärtstrend

"Prinzipiell hängt es von den ersten Fahrzeugen ab, ob ei-ne Rettungsgasse gebildet wird", sagt Oberst Karl Wammerl von der Wiener Verkehrspolizei. Ähnliches hört man von seinen Kollegen aus Vorarlberg. Allerorts ist aber langsam zumindest von einem leichten Aufwärtstrend die Rede. Allerdings wird auch härter durchgegriffen.

Offizielle Zahlen gibt es zwar nirgends, aber es dürfte landesweit rund eine Strafe pro Tag geben, wenn man sich die Zahlen aus dem Bericht des Rechnungshofes anschaut (siehe unten). Und eine Anzeige kann teuer werden – und bis zu 2180 Euro kosten.

Die Verkehrspolizei in Spittal an der Drau (Kärnten) etwa rückt teilweise bereits mit Kameras auf die Autobahn aus und fotografiert entsprechende Sünder am Weg zum Einsatzort. Aber nicht nur die Polizei hält nach Rettungsgassen-Sündern Ausschau: Auch die Feuerwehr in Schwechat griff zur Kamera, als Anfang August bei einem Einsatz zwar Platz für ein Fahrzeug gemacht wurde, aber dahinter alle wieder in die Rettungsgasse hineinfuhren. Einige dieser Lenker wurden fotografiert und die Bilder anschließend der Polizei übergeben. Ob es in diesem Fall Strafen geben wird, ist allerdings noch unklar.

Anzeigen

In Wien will die Polizei nicht mit Fotoapparaten ausrücken. "Wir benötigen kein Bild als Beweis, es reicht die dienstliche Wahrnehmung", erklärt Oberst Wammerl. Die Beamten notieren sich die Rettungsgassen-Verweigerer und schreiben die Anzeige dann erst nach dem Einsatz.

Dass die Rettungsgasse noch einmal gesetzlich zurückgenommen wird, ist derzeit ohnehin ausgeschlossen. Laut einem SPÖ-Insider gibt es eine Abmachung zwischen dem nunmehrigen Verkehrsminister Alois Stöger und seiner Vorgängerin, dass die Rettungsgasse in seiner Amtszeit auf keinen Fall abgeschafft wird.

Allerdings sind ohnehin praktisch alle Experten gegen so eine Maßnahme. Würde die Rettungsgasse zurückgenommen werden, würde es zu chaotischen Zuständen kommen. Dass sie unter dem Strich keine Zeitersparnis bringt, ist aber mittlerweile allen klar. Das Verkehrsministerium hat sich dabei auf die angeblichen vier Minuten Zeitersparnis verlassen, die von der Asfinag in einem Positionspapier festgehalten worden waren.

Am 1. Dezember 2012 wurde die Rettungsgasse in Österreich eingeführt. Was in Deutschland, Tschechien und Ungarn (in teilweise leicht abweichender Form) gültig ist, muss seither auch in der Alpenrepublik gemacht werden.

Doch bis heute ist nicht alles eindeutig geregelt, so muss sie bei "stockendem Verkehr" freigehalten werden, Verkehrsexperten sprechen dabei von Geschwindigkeiten bis 50 km/h. Auch das Befahren des Pannenstreifens ist eigentlich ein Vormerkdelikt, und es ist bis heute nicht restlos geklärt, ob dieser Streifen für die Bildung der Rettungsgasse genutzt werden darf. Allerdings wird dies de facto toleriert. Die Einführung durch die damalige Verkehrsministerin Doris Bures war durch zahlreiche Merkwürdigkeiten gekennzeichnet. So wurde eine millionenschwere Werbekampagne in Auftrag gegeben, noch bevor die Experten über die Rettungsgasse beraten hatten.

Mitglieder des Arbeitskreises sprachen davon, dass sie unter Druck gesetzt wurden. Die angeblichen vier Minuten Zeitersparnis für die Rettungskräfte stammten nur aus (angeblichen) Plaudereien unter Kollegen. Bis heute gibt es keinen Beleg, dass die Einsatzkräfte mit der Rettungsgasse schneller am Unfallort ankommen. Deshalb lautete das Fazit einer Prüfung des Rechnungshofes: Millionen-Kosten, aber kein Nutzen.

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Stau
Gebildet werden muss die Rettungsgasse bei stockendem Verkehr. Das gilt bei einer Geschwindigkeit von etwa 30 bis 50 km/h. Dabei ist es egal, ob der Grund für den Stau ein Unfall oder etwas anderes ist. Grundsätzlich müssen alle auf der äußerst linken Spur nach links ausweichen und alle anderen nach rechts. Auch bei Ausfahrten muss es eine Rettungsgasse geben (siehe Grafik).

Strafen
Das Nichtbilden ist mit bis zu 726 Euro sanktioniert. Wer ein Einsatzfahrzeug behindert, muss mit bis zu 2180 Euro rechnen.

Durchschnittlich dürfte es eine Strafe pro Tag geben. Bildbeweis braucht die Polizei keinen, um strafen zu können. Es reicht die dienstliche Wahrnehmung eines Beamten.