Chronik/Österreich

"Oft sind die Täter Insider, denen es nicht ums Geld geht"

Red Bull verleiht Flügel. Und anscheinend beflügelt der Erfolg des Energy Drinks auch kriminelle Energie: Am Donnerstag gab der österreichische Getränkehersteller bekannt, dass man seit Wochen von Unbekannten erpresst werde (der KURIER berichtete). Die Erpresser drohen damit, die Deckel von Dosen mit „Kloakenwasser“ abzuwischen – die Konsumenten würden dadurch mit Krankheitserregern wie Hepatitis angesteckt werden.

Einzelne Dosen sollen bereits kontaminiert und in Umlauf gebracht worden sein, behaupten die Erpresser. In diesem Punkt gibt Red Bull aber Entwarnung: Sofortige Kontrollen hätten zu keinerlei Beanstandungen geführt, teilte man mit.

Laut Salzburger Staatsanwaltschaft habe sich die konkrete Drohung nur gegen eine Filiale eines Lebensmittelhändlers in Wien gerichtet. Dem KURIER liegen aber Hinweise vor, wonach zumindest noch zwei Supermarkt-Filialen in Salzburg betroffen sein sollen.
Für die österreichische Lebensmittel-Kontrollbehörde Ages sind die in den Droh-eMails genannten Kolibakterien „im Prinzip harmlos. Das sind ganz normale Darmkeime, die jeder von uns hat“, sagte ein Ages-Sprecher.

"Nicht erpressbar"

Dass Lebensmittelhersteller oder Handelsketten erpresst werden, ist nicht neu: Im November 2012 verhaftete die Polizei in Thailand einen 61-jährigen Salzburger, der gedroht haben soll, mit Botox vergiftete Lebensmittel in Supermarktfilialen zu hinterlegen. Ungewöhnlich ist, dass ein Unternehmen damit an die Öffentlichkeit geht – und das ausgerechnet Red Bull, im Vergleich zu dessen Kommunikationspolitik die des Vatikans transparent ist, wie Kritiker ironisch feststellen. „Red Bull ist nicht und wird nie erpressbar sein“, teilte das Unternehmen kurz und bündig mit.

Für Christoph Jäger von der Wiener Detektei Jäger Sicherheitsmanagement war dies der „richtige Schritt“. Damit habe der Getränkehersteller den Erpressern das größte Druckmittel genommen – nämlich jenes der medialen Bekanntmachung. „Jetzt ist die Luft draußen, wie bei einer Dose, die vorher unter Druck stand“, sagt der Detektiv.

Bei Erpressung eines Unternehmens stünde am Anfang die Frage: Wer kommt als Täter in Betracht? Ein Insider oder ein Außenstehender? Denn laut Jäger sind oder waren die Täter häufig bei der erpressten Firma tätig. „Und oft geht es ihnen gar nicht ums Geld.“

Red Bull hat im Vorjahr mit 5,226 Milliarden Dosen weltweit um 12,8 Prozent mehr Energy-Drinks verkauft als 2011. Der Umsatz stieg – auch wegen Preiserhöhungen – um 15,9 Prozent auf 4,93 Milliarden Euro. Vor allem in Südafrika (+52 Prozent), Japan und Saudi-Arabien (Zuwächse von 51 bzw. 38 Prozent) kommen die Geschäfte in Fahrt.

Neben Westeuropa und USA nehmen die Salzburger nun verstärkt Brasilien, Japan, Indien und Südkorea ins Visier. Auf den Red-Bull-Geschmack sollen Konsumenten auch dank neuer Geschmacksrichtungen (Cranberry, Heidelbeere oder Limette) kommen. Red Bull ist in 165 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit knapp 9000 Mitarbeiter.