Rechtsextremismus: Siebzehn Identitäre vor dem Strafgericht
Zehn Mitglieder und sieben aktive Sympathisanten der rechtsextremen "Identitären Bewegung Österreich" (IBÖ) müssen sich ab kommender Woche in Graz vor dem Straflandesgericht verantworten. Ihnen wird unter anderem die Teilnahme an einer kriminellen Vereinigung, Verhetzung und Sachbeschädigung vorgeworfen.
Angeklagt ist nun unter anderem die Verbreitung von "radikaler, fremden- und islamfeindlicher Ideologie", der Verkauf von Propagandamaterial über das Internet und den eigens dafür eingerichteten Versandhandel. Weiters einer gesamt-europäischen Organisation durch die Zusammenarbeit mit Vertretern in Deutschland, Frankreich, Schweiz und Italien aufgelistet.
Mit ihrem Versandhandel, über den vor allem Kleidung wie Leibchen, Jacken und Hosen mit Uniform-Charakter, Buttons, Plakaten und Aufklebern, die das IBÖ-Zeichen oder IBÖ-Parolen als Logo tragen, sowie Büchern und Tonträgern vertrieben wurden, sei ein "florierendes Unternehmen" aufgebaut worden, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft.
Zehn der Verdächtigen studieren, einer geht in die Schule, aber auch mehrere Handwerker sind darunter. Sie sind alle im Alter von 22 bis 35 Jahren und stammen aus der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich. Ein Großteil von ihnen soll bereits 2012 an der Gründung eines Vereins beteiligt gewesen sein. Der Prozess wurde auf 19 Tage anberaumt und findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Ob es dann bereits ein Urteil geben wird, hängt auch davon ab, ob - trotz Urlaubszeit - alle Zeugen verfügbar sein werden.
"Junge Neonazis"
Die IBÖ wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) als rechtsextrem eingestuft. Auch der österreichische Verfassungsschutz hat schon in seinem Jahresbericht 2014 deutliche Worte für die neue Form des Rechtsextremismus gefunden: "Seit dem Jahr 2012 versuchen jüngere Neonazis und Personen aus dem studentischen und burschenschaftlichen Milieu, ein aus Frankreich kommendes, im Internet sehr aktives, modernes und von popkulturellen Protestformen geprägtes Ideologiekonzept der 'Neuen Rechten' in Österreich zu etablieren." Die Szene bezeichne sich selbst als "Bewegung" und stelle eine selbst festgelegte "Identität des eigenen Volkes" in den "Mittelpunkt ihrer Propaganda".
"Unter dem Deckmantel, das jeweilige Land respektive 'ganz Europa' vor einer 'Islamisierung' und vor Massenzuwanderung schützen zu müssen, wird auf einer pseudo-intellektuellen Grundlage versucht, das eigene rassistisch/nationalistisch geprägte Weltbild zu verschleiern. Die Distanzierung vom Neonazismus in öffentlichen Statements ist als taktisches Manöver zu werten, da sich in den Reihen der Bewegungseliten amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen."
Immer wieder FPÖ-Kontakte
Bei der FPÖ halten sich die Berührungsängste mit den Identitären in Grenzen. So trat etwa Innenminister Herbert Kickl 2016 in Linz bei einem Kongress mit rechtsextremistischen Gruppierungen auf, bei dem das oberösterreichische Landesamt für Verfassungsschutz die IBÖ als Aussteller und "Vertreter der rechtsextremistischen Szene" identifizierte.
Neben mehreren Überschneidungen in den vergangenen Jahren wurde zuletzt auch immer wieder der Grazer FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl öffentlich genannt. Er vermietet Räumlichkeiten seines Mehrparteienhauses in der Grazer Schönaugasse an die "Identitären". Sie nutzen die gemieteten Flächen als ihre steirische Zentrale. Die Grazer Grünen bezeichneten Sickl als Identitären-Aktivist, "der nicht nur eine aktive Rolle bei den rechtsextremen Identitären hat, sondern am Aufbau und an ihrer strukturellen Verankerung maßgeblich beteiligt war und ist". Er soll etwa auch an Demonstrationen der IBÖ teilgenommen haben.
Die IBÖ wehren sich gegen die Vorwürfe.
Update 29.6.: In einer früheren Version kam es zu einer missverständlichen Verwendung des Begriffs "Neonazis", der Vorspann wurde geändert.