Prämiert, reglementiert, kritisiert: Begriffe-Dschungel verwirrt Weinkunden
Von Jürgen Zahrl
"DAC", "Erste Lagen", "Nachhaltig Austria", "Finalist", "Goldmedaille": Wer vor dem Regal steht und eine Flasche Wein kaufen will, der hat die Qual der Wahl. Unzählige Begriffe sind als Orientierungshilfen gedacht, verwirren aber viele Kunden. Auf der einen Seite gibt es gesetzlich definierte Qualitätsweine mit Herkunftsbezeichnung oder – ganz neu – das Prüfsiegel für ökologischen Anbau. Auf der anderen Seite werden Eigendefinitionen, wie vereinsinterne Lagenklassifzierzungen, private Winzertrends oder Weinprämierungen immer mehr.
Die einen Weinbauern nützen die Kriterien, um sich von der Masse abzuheben, andere gehen einen eigenen Weg, weil sie sich nicht in ein enges "Korsett" mit (kostspieligen) Regeln zwängen lassen wollen. Selbst die Händler haben den Überblick verloren und kritisieren diesen Umstand, Winzervertreter sehen mehr Klarheit als noch vor Jahren.
Gebietstypisch
Der Weinmarkt ist komplex, darüber sind sich alle einig. Wie kompliziert das Thema sein kann, zeigt etwa ein Herkunftskonflikt zwischen "Kamptal DAC" und anderen Weinen aus dem Kamptal: Andreas Eder aus Langenlois soll Strafe zahlen, weil er Weine mit "Kamptal" kennzeichnet. Seit die Region ein gesetzlich definiertes "DAC-Gebiet" ist, dürfen Winzer nur noch den Grünen Veltliner und Riesling mit Kamptal beschriften. "Ich vermarkte aber mehr Weine, die aus dieser Region stammen. Dass die genaue Herkunft nicht mehr auf Etiketten stehen darf, irritiert Kunden", sagt Eder und bekämpft die Strafe – bisher teilweise mit Erfolg. Der Verwaltungssenat hat die Geldbuße auf eine Ermahnung heruntergestuft. "Da die Höchstrichter meine Beschwerde als zu wenig wichtig eingestuft haben, liegt der Akt seit drei Jahren bei der Bezirkshauptmannschaft Krems", sagt Eder. Die Winzer aus dem benachbarten Gebiet Wagram, die das DAC-System ablehnen, fühlen sich bestätigt. " Das System ist verwirrend. Alleine auf dem Leithaberg sind gleich fünf DAC-Sorten definiert. Nur beim Weinviertel-DAC weiß man, dass der Grüne Veltliner gemeint ist", erklärt Leopold Blauensteiner, Weinbau-Obmann am Wagram.
Auch Michael Prünner, Chef des Online-Handels "Neun Weine" hält davon wenig: "Durch die aufgeweichten Regeln ist nicht erkennbar, wofür DAC steht. Man wollte internationale Maßstäbe einführen und hat übersehen, dass der Hauptmarkt noch immer Österreich ist."
Willi Klinger, Geschäftsführer des Österreichischen Weinmarketings, kontert: "Es gibt keine DAC-Regel, die sagt, dass es nur eine Sorte pro Region geben darf. Jede Neuerung muss eben gelernt werden. Es braucht eine Generation, bis der Sinn des Ganzen in Fleisch und Blut übergeht." Das sieht Annemarie Foidl, Präsidentin des Sommelierverbands, ähnlich: "DAC hat mehr Klarheit als noch vor mehreren Jahren geschaffen. Es ist gelungen, die Rebsorten-Profile zu schärfen."
Lagendefinition
Dass überdies Lagenklassen eingeführt wurden, die nur einer Winzervereinigung helfen, sich abzuheben, kritisieren Experten. "Es gibt keine gültige Lagenklassifizierung in Österreich, nur private Bestrebungen. Die stiften aber mehr Verwirrung als sie nützen", sagt Klinger.
Auch das neue Prüfsiegel "Nachhaltig Austria" für naturschonende Weine , bringe wenig Klarheit, "diese Version klingt schwammig", sagt Christian Kolm von "Hauptsache Wein". "Bevor wir die Bewertung privaten Firmen überlassen, machen wir das auf amtlichem Wege mit 300 nachvollziehbaren Kriterien", so Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager.Eine zentrale Frage bleibt: Wie kommt der Kunde zu einem guten Wein? "Am besten man besucht eine Vinothek und lässt den Gaumen sprechen", sagt Kolm. Helfen die vielen Prämierungen? "Wenn ein Winzer bei mehreren Bewerben Spitzenwerte erzielt, ist das aussagekräftig", meint Foidl. Prünner glaubt, dass die Kundenbewertungen im Internet – wie etwa auf der amerikanischen Seite cellartracker.com – in Zukunft wichtiger werden: "Wenn 2000 von 3000 Kunden sagen, der Wein ist super, hat das mehr Gewicht als nur eine Expertenmeinung."