Chronik/Österreich

Polizei erlaubt Vollbart und Tätowierungen

Selten gehen die Meinungen innerhalb der Polizei so weit auseinander. "Ich finde das großartig, jetzt kommen neue Leute, die mehr ausschauen wie unsere Kundschaft", zeigt sich ein verdeckter Drogenfahnder erfreut. Vor allem die länger dienenden Beamte sind aber wenig begeistert: "Bei uns gab es noch zackige Männer mit kurzen Frisuren. Dass jetzt Bärte und lange Haare mit Zopf erlaubt werden, das stört mich schon."

Das Innenministerium hat vergangene Woche jedenfalls die Überarbeitung der "Allgemeinen Polizeidienstrichtlinie" ausgeschickt. Der neue "Punkt 2.2.1 Erscheinungsbild" regelt erstmals den Umgang der Polizei mit Tätowierungen, Schmuck und Haarlänge in den eigenen Reihen. Sogar die Form der Fingernägel – sie dürfen nicht "wesentlich über die Fingerkuppen hinweg ragen" – wird erstmals offiziell reglementiert.

Bartweltmeister

Vor allem Bärte und Langhaar-Frisuren hatten zuletzt für Haarspaltereien gesorgt. So war ein Bild eines Tiroler Polizisten aufgetaucht, der locker als 60er-Jahre-Hippie durchgegangen wäre. Und in Wien gab es Streitereien um einen Polizisten, der von der Kripo zu den Uniformierten versetzt worden war und seine bei der Bartweltmeisterschaft ausgezeichnete Gesichtsbehaarung nicht abrasieren wollte.

Künftig gilt: "Die Länge der Haar- und Barttracht ist so zu wählen, dass bei aufrechter Körperhaltung die Uniform weder verdeckt noch in der Funktion beeinträchtigt und den Grundsätzen der Eigensicherung entsprochen wird. Langhaarschnitte sind zulässig, wobei die Haare gebunden zu tragen (Zopf) bzw. hochzustecken sind, um den Grundsätzen der Eigensicherung zu entsprechen." Sogar die Haarfarbe wird geregelt – so sind zwar Färbungen erlaubt, sie müssen aber "dem Spektrum der natürlichen Haarfarben entsprechen". Irokesenschnitte, wie sie kürzlich in Deutschland bei der Polizei heftig diskutiert wurden, sind nicht ausdrücklich verboten, allerdings dürfen sie nicht in punkigen Farben wir knallrot oder grün gefärbt werden.

Bart nur gepflegt

Bei den Bärten zeigt sich das Innenministerium tolerant: "Voll-, Oberlippen-, Kinn- und Backenbärte sind erlaubt. Sie sind gepflegt und gestutzt zu halten." Ähnliches wurde zwar bereits meistens toleriert, bisher war dies allerdings mehr dem jeweiligen Kommandanten oder der Landespolizeidirektion überlassen. So gab es teils unterschiedliche Regelungen – auch bei den Tätowierungen.

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Künftig gilt hier für Polizisten folgende Regelung: "Das sichtbare Tragen von Tätowierungen, Piercings und Schmuckgegenständen (außer Uhren, Verlobungs-, Partner- oder Eheringe) ist untersagt." Während subdermale Transplantate oder Zungenspaltungen generell untersagt bleiben, sind Tattoos und Piercings damit aber de facto erlaubt, so lange sie nicht sichtbar sind. Wobei die Sommeruniform (mit kurzen Hemdärmeln) der Maßstab ist.

Keine Mindestgröße mehr

Bisher war von den Beamten nur allgemein ein gepflegtes Auftreten verlangt worden, was mehr Interpretationsspielraum bot. Dass die Polizei toleranter wird hat einerseits mit der Änderung der Gesellschaft, andererseits auch mit dem mangelnden Nachwuchs zu tun. 2012 etwa wurden das Höchstalter und die Mindestgröße abgeschafft.