Chronik/Österreich

Haartest bei Drogenverdacht

Bei Verkehrskontrollen der Polizei könnte es demnächst heißen: „Führerschein, Zulassungsschein und ein Büschel Haare“.

Trotz scharfer Proteste der SPÖ lässt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner den Haartest bei Drogenverdacht erproben. Im Frühjahr wird „in drei Bezirken in Ostösterreich“ ein entsprechendes Pilotprojekt umgesetzt, bestätigt ihr Sprecher gegenüber dem KURIER.

Haare statt Urin

Der unpräzise und leicht zu umgehende Urintest soll mit dieser Maßnahme der Vergangenheit angehören, hofft man im Umfeld der Ministerin. Autofahrer und Süchtige müssten dann bei der Untersuchung durch den Amtsarzt Haare lassen.

Tatsächlich ist die Drogenkontrolle von Fahrzeuglenkern in Österreich derzeit wenig effizient, sagen Verkehrspolizisten. Im benachbarten Bayern werden von der Polizei zehn Mal so viele Drogenlenker gestoppt wie in Österreich.

Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Drogenlenker werden in Wien aus dem Verkehr gezogen, in den anderen Bundesländern ist die Gefahr erwischt zu werden, eher gering. Gerade einmal rund 1000 Lenker werden pro Jahr erwischt.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, wurde bereits einiges erprobt. Da gab es die sogenannte Frenzelbrille. Damit sollte die tatsächliche Beeinträchtigung von Autofahrern eruiert werden. Auch wurden Schnelltester namens Drugwipes erprobt. Diese Versuche verliefen aber allesamt im Sand.

Den neuen Haartest hat der ehemalige Chefarzt der Wiener Polizei, Reinhard Fous, mitentwickelt. Er ist einer der Väter des Alkomats. Auch beim Alkohol war es lange Zeit schwierig, ein geeignetes Gerät für den Nachweis der Promille zu finden.

Experten skeptisch

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Experten sind trotzdem skeptisch, dass mit dem Haartest der Durchbruch gelingt. Der Parteikollege der Innenministerin, VP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, ist dagegen.

„Die Methode ist sehr gut in der Gerichtsmedizin, aber nicht für ein Massen-Screening geeignet“, sagt auch Rainer Schmid, Toxikologe am Wiener AKH gegenüber dem KURIER. „Das Problem ist, dass es genetische Unterschiede gibt. Drogen werden in blonden Haaren weniger abgelagert als in dunklen.“

Die Haarfarbe könnte also entscheiden, ob jemand für die Polizei ein Drogensüchtiger ist oder nicht. Laut Schmid gebe es auch große Unterschiede zwischen den Labors: „Wenn sie die Haare von einem Menschen an verschiedene Stellen schicken, dann kommen dabei sehr unterschiedliche Ergebnisse heraus.“

Wiens Drogenkoordinator Michael Dressel hält Haartests für „nicht ausgereift, sündteuer und kontraproduktiv“. Die Ministerin wolle damit „ihre Erfolgsbilanz mittels Anzeigen ausbauen. Das ist in der Drogenpolitik ein Rückschritt um 30 Jahre“.

Der Gebrauch von Drogen wird in Urin, Blut, Schweiß und Haaren nachgewiesen. In Urinproben ist der Drogenkonsum in der Regel nicht länger als eine Woche nachweisbar, dabei ist schwer einzuschätzen, wie viel von dem Rauschgift genommen wurde. Im Blut ist ein Nachweis sogar meist nur ein oder zwei Tage möglich, wobei das von Droge zu Droge unterschiedlich ist. Im Speichel sind die Wirkstoffe noch kürzer als im Blut zu erfassen.

Die genaueste (aber teuerste) Methode ist der Haartest, wo man geringere Konzentrationen der Droge gut feststellen kann. Laut einer Untersuchung des „Forensisch Toxikologischen Zentrums München“ sind bei Kokain sogar geringste Mengen nachweisbar.

Unschärfen

Problematischer verhält sich die Sache bei Cannabis. Ein gelegentlicher Konsum kann, muss aber nicht zu einem positivem Ergebnis führen. Nur fast täglicher Konsum sei sicher nachzuweisen, sagen Experten. Das gilt auch für Amphetamine. Bei Ecstasy reicht ein gelegentlicher Konsum, um die Droge im Haar nachzuweisen.

Prinzipiell gilt: Je genauer der Test, umso teurer wird die Sache. Eine Untersuchung auf Kokain, Cannabis und Heroin beginnt bei etwa 200 Euro. Wer als Drogenkonsument erwischt wird, muss derzeit alle zwei Monate bei einem Urintest nachweisen, dass er clean ist. Da Haartests nur alle sechs Monate stattfinden, rechnet das Innenministerium mit keiner Verteuerung der Kosten.