Chronik/Österreich

OGH macht sich für fast blinden Fahrlehrer stark

Wie viel Schmerzensgeld steht einem unverschuldet zu Schaden gekommenen Unfallopfer zu, das zu 90 Prozent blind ist? 40.000 Euro reichen als seelischer Ausgleich aus, meinten zwei Gerichtsinstanzen. Das erschien sogar dem Obersten Gerichtshof (OGH), der sich in der Regel nicht mit Einzelfällen befasst, zu wenig: Die Höchstrichter legten wenigstens noch 35.000 Euro drauf.
Der Mann saß als Fahrlehrer mit seinem Fahrschüler in dem an einer Kreuzung in Korneuburg stehenden Übungswagen. Ein anderes Auto fuhr mit 10 km/h von hinten auf, der Fahrlehrer prallte mit dem Kopf gegen die B-Säule (zwischen Beifahrer- und hinterer Autotür), was zu einer Netzhautablösung des rechten sowie zu einem Netzhautdefekt des linken Auges führte. Es blieben nur 10 Prozent der Sehleistung über.

Dass der Mann seinen Job nicht mehr ausüben kann, und was das finanziell bedeutet, wird in einem anderen Verfahren geklärt. Aber für die Einschränkung seiner Lebensqualität und die seelischen Schmerzen forderte er 80.000 Euro. Der schuldige Lenker und seine Versicherung wollten nicht so tief in die Brieftasche greifen. Sie argumentierten zynisch, der Ex-Fahrlehrer könne immer noch ohne Begleitung in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein. Landesgericht Korneuburg und Oberlandesgericht Wien halbierten die eingeklagte Summe.

Gravierend

Der OGH verwies in seinem Grundsatzurteil (zitiert in der ZVR, Manz) auf einen Fall, bei dem das Sehvermögen eines Opfers bei Dämmerung und in der Nacht rechts auf 40 und links auf 20 Prozent eingeschränkt ist. Schon dafür wurden 30.000 Euro zugesprochen. Ein anderes Opfer, das links nur noch Handbewegungen erkennen kann und rechts 90 Prozent der Sehleistung eingebüßt hat, bekam 87.000 Euro. Auf dieser Grundlage ist die vom OGH als gravierend eingestufte Beeinträchtigung des ehemaligen Fahrlehrers 75.000 Euro „wert“.