Chronik/Österreich

Österreichs Forststraßen würden fünfmal um die Erde gehen

Seit der letzten offiziellen Erhebung vor 30 Jahren sind Österreichs Forststraßen um 40 Prozent ausgebaut worden. Inzwischen haben sie eine Länge von 218.000 Kilometern. Das zeigte eine neue Studie der Umweltschutzorganisation WWF. Die Umweltschützer kritisieren Österreichs auch im internationalen Vergleich sehr dichtes Forststraßennetz und sehen „erhebliche Auswirkungen“ auf die Wälder, das Wald-Ökosystem und die Biodiversität.

Klar ist, dass Forststraßen essenziell für die forstliche Bewirtschaftung sind. Sowohl der Zugang für Forstarbeiter, die Maschinen zum Abholzen als auch zum Abtransport der schweren Baumstämme benötigen eine gut ausgebaute Straßeninfrastruktur. Die Errichtung einer Forststraße ist (mit einigen Ausnahmen) nicht bewilligungspflichtig, sondern laut Forstgesetz sechs Wochen vor dem „Trassenfreihieb“ meldepflichtig, auch wenn in den Bundesländern durchaus unterschiedliche Regeln greifen.

Alle 130 Meter

Durchschnittlich liegen nur 130 Meter zwischen zwei Lkw-tauglichen Forststraßen. Und das hat enorme Auswirkungen auf die Umwelt, belegen die WWF-Umweltschützer in ihrer Studie: „Das extrem dichte Netz an Lkw-befahrbaren Straßen zerschneidet unsere Wälder und wirkt sich negativ auf ihr Mikroklima, ihre Artenvielfalt und ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung aus“, wird WWF-Waldexpertin Karin Enzenhofer zitiert. „Doch gerade Ur- und Naturwälder gehören zu unseren wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen Klima- und Biodiversitätskrise, da sie besonders viel Kohlenstoff speichern und Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen bieten.

Forststraßen sind somit aus Sicht von Verhaltensbiologen nicht nur physisch Barrieren, sondern auch mentale – Kleinsäuger (Mäuse) seien vielleicht noch in der Lage, solche Hindernisse zu meiden, für andere Tiere seien die Schotterpisten aber unüberwindbar. Problematisch sei auch die Änderung des Wasserhaushalts des Waldbodens, die Bodenverdichtungen führe zu einer Verringerung des Luftsauerstoffgehalts und der Bodenfruchtbarkeit. Und nicht zuletzt böten offenen Bodenflächen entlang der Fahrbahnränder Neophyten (nicht heimische Arten, die heimische verdrängen) eine ideale Ausbreitungsmöglichkeit.

Der WWF fordert für alle Bundesländer einheitliche Rechtsrahmen, Nachhaltigkeit beim Straßenbau und mehr Forschung, da in der Waldforschung viele Wissenslücken vorhanden seien.

Das zuständige Landwirtschaftsministerium verteidigt die aktuelle Regelung: Nach Information aus dem Ministerium gehe es um folgende Punkte:

  • Forststraßen sind die wichtige Basis für eine nachhaltige und kleinflächige Waldbewirtschaftung. Der aufgrund des Klimawandels erforderliche Umbau zu „klimafitten Wäldern“ erfordert ein entsprechendes Erschließungsnetz. Mit Waldpflegemaßnahmen und Waldumbau mit standortgerechten Baumarten werden klimafitte und zukunftsfähige Wälder geschaffen. 
  • Zudem werden Forststraßen zur Freizeitnutzungen wie wandern oder spazieren genutzt und haben damit einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag.
  • Die gute Erreichbarkeit von Waldorten ist auch im Katastropheneinsatz (Waldbrand, Menschenrettung, Elementarereignisse, wie Lawinen, Steinschläge, Muren) sowie zur Aufrechterhaltung der Schutzwirkung unserer Wälder von großer Bedeutung.
  • Gerade beim Thema Waldbrand zeigt sich, wie wichtig Forststraßen sind um im Ereignisfall schnell und schlagkräftig den Löscheinsatz durchführen zu können. Ein gut ausgebautes Forststraßennetz verkürzt Einsatzzeiten und verhindert dadurch Waldbrände in katastrophalem Ausmaß.
  • Anzumerken ist, dass die Errichtung einer Forststraße an eine behördliche Bewilligung bzw. an eine Anmeldung bei der Behörde gebunden ist. Meist ist auch neben der forstrechtlichen eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich.