Chronik/Österreich

Österreicher erlebten den Terror am Traumstrand

Wir haben die Schüsse gehört und zuerst gedacht es sind Böller. Dann haben wir gesehen, dass Leute vom Strand raufgelaufen sind.“ Sabine Hahn sind die Strapazen und die Erleichterung nach den vergangenen Tage anzumerken. Mit Tränen in den Augen drückte sie am Samstag am Flughafen Wien-Schwechat Freunde und Familie.

Die erschütternden Einzelheiten des Terroranschlags hatten Tags davor im Minutentakt die Familien in Österreich erreicht. 39 Menschen verloren am Strand im tunesischen Sousse ihr Leben. Dutzende wurden teils schwer verletzt (mehr dazu lesen Sie hier).

Hahn, ihr Lebensgefährte Wolfgang Liehmann und Freundin Petra Kronberger waren bei der Strandbar des Nachbarhotels „ClubHotel Riu Bellevue Park“, als knapp 150 Meter entfernt der Terror losbrach. „Die Leute haben ’go,go,go’ gebrüllt und wir haben alles liegen gelassen und sind gerannt“, berichten die Urlauber.

Alle Inhalte anzeigen
Hahn: „Einen hat es an der Schulter erwischt, der ist bei uns vorbei und hat so stark geblutet.“ Der Terrorist, glauben die Urlauber, war auf dem Weg zu ihrem Hotel, zuvor habe er noch eine Handgranate in den Pool des „Imperial Marhaba“ geworfen.

Voller Angst versteckten sie sich im Bad ihres Hotelzimmers, selbst dort waren Schüsse zu hören. An Schlaf war nicht zu denken. „Man hat einfach Panik gehabt“.

Alle Inhalte anzeigen
Überglücklich ist hingegen Angelika Kügerl, als sie am Flughafen ihren Sohn Domenic in die Arme schließt. „Als ich gehört habe, dass es tote Urlauber gibt, habe ich sofort bei meinem Sohn angerufen, doch er hat nicht darauf reagiert“, schildert sie.

Militär am Strand

Auch in den Hotels zehn Geh-Minuten vom Ort des Massakers, dem „Imperial Marhaba“, entfernt erlebten Urlauber die Folgen des Anschlags. „Auf einmal sind die Hotelmanager hektisch am Strand herumgelaufen, haben mit aufgeregten Stimmen telefoniert. Dann kam auch schon das Militär mit großen Maschinengewehren“, erzählen Stefanie und Christine, die ihre kleine Tochter Marlene fest an sich drückt.

Österreicher sicher

24 bange Stunden der Ungewissheit hatten am Samstag dann ein Ende, als das Außenministerium erstmals offiziell bekannt gab, dass keine Österreicher unter den Opfern sind. Tragischer ist die Situation von Angehörigen aus Großbritannien. Auf Twitter versuchen Menschen mittels Fotos mehr über den Verbleib ihrer Lieben zu erfahren. User Kait Smith postet: „Bitte findet meine geliebte Schwester! Hilfe!“
Am Samstag waren noch nicht alle Todesopfer identifiziert. Am Abend gab Außenstaatssekretär Tobis Ellwood in London bekannt, dass sich mindestens 15 Briten unter den Toten befinden. Ein Opfer war ein Deutscher. Laut dem tunesischen Regierungschef Habib Essid seien die meisten Opfer Briten. „Danach kommen Deutsche und Belgier und weitere Nationalitäten.“ Auch Franzosen starben.

Offenbar hatte es der Terrorist explizit auf ausländische Touristen abgesehen, wie ein Zeuge der ARD erklärte. Der 24-jährige Student habe die Einheimischen am Strand verschont und nur Touristen auf Strandliegen und am Pool mit einer Kalaschnikow attackiert. Nach 30 Minuten war der Horror vorbei, der Täter war erschossen worden. Weil der bis dahin unauffällige Student in kurzen Hosen aufgetaucht war, hatte das Wachpersonal keinen Verdacht geschöpft.
In einer Twitter-Meldung hat die Terrormiliz „Islamische Staat“ (IS) die Verantwortung für das bisher schlimmste Attentat in der Geschichte Tunesiens übernommen. Ob der Attentäter allerdings tatsächlich mit dem IS in Verbindung stand, ist noch nicht bestätigt.

Alle Inhalte anzeigen