Chronik/Österreich/Nationalparks

Streifzug durch pannonisches Kleinod

Es ist heiß. Sehr heiß und trocken. Der lebhafte Südwind, der über die Wiesen, Hutweide und Sandsteppen im Nationalpark weht, macht die Hitze noch stärker spürbar. Trotz extremer Lebensbedingungen im Sommer ist das Gebiet rund um den Neusiedler See ein reich bevölkerter Lebensraum für eine Vielzahl an Lebewesen. Zur tierischen Bevölkerung zählen Kleinkrebse ebenso wie südrussische Taranteln, Ringelnattern, Vögel und Weidetiere. Doch dazu später.

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Der Ausgangspunkt für alle Touren durch das 300 km² große Schutzgebiet des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel ist das Informationszentrum in Illmitz. Im kleinen schattigen Wäldchen neben dem Gebäude begrüßt ein Pirol (Singvogel, Anmerkung) am frühen Morgen mit seinem fröhlichen Gesang die Exkursions-Teilnehmer. "Heute haben Sie Glück, wenn er schlecht drauf ist, krächzt er", erklärt Nationalpark-Experte Alois Lang.
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Kein Glück, sondern Fernrohr und Spektiv brauchen Besucher, um die Artgenossen des Vogels aus der Nähe zu betrachten. Ausgestattet mit selbigem geht es hinaus in Richtung Naturzone Sandeck-Neudegg. Eine Oase der Ruhe am unberührten Seeufer. Kein Straßenlärm, keine Umweltgeräusche. Nur Vogelgezwitscher. Und die Stimme des Guides: "Für die Vögel sind der See und die Lacken wie eine nahrhafte Suppe", erzählt er und berichtet von "vielen Hunderten und Tausenden millimetergroßen Urzeitkrebsen in einem Liter Wasser". Zwei Silberreiher stolzieren auf der Suche nach der reichhaltigen Nahrung anmutig im Wasser umher. Ein paar Blässhühner tun es ihnen gleich, wenige Meter entfernt hat es sich ein Schwarm Graugänse gemütlich gemacht.

Vogelzug

Der Seewinkel ist ein Dorado für Ornithologen, auch wenn der Sommer als weniger attraktive Zeit gilt. Über das Jahr verteilt rasten, fressen und mausern Tausende Zugvögel im Nordburgenland. Mehr als 300 Vogelarten nutzen den Nationalpark, der sich weit über die Grenzen nach Ungarn erstreckt, als Rast- und Nahrungsplatz auf ihrem Weg nach Afrika. 150 davon brüten dort auch.

Am südlichen Ende des natürlichen Seedamms ist die Heimat der weißen Esel. Ja, es gibt auch Tiere mit denen Besucher im Nationalpark auf Tuchfühlung gehen können. Unweit der Esel grasen Herden von Steppenrindern, Wasserbüffeln und Przewalski-Pferden. Die Rinder zählen zu alten, bedrohten Haustierrassen und werden quasi als Arbeitstiere eingesetzt. Große Teile des Schilfs wurden von ihnen zurückgedrängt, neue Lebensräume für Vögel sind so entstanden.

Kein Süßwasser

"Der See erfüllt nicht die Kriterien eines Süßwassergewässers", erzählt der Guide, die Exkursions-Teilnehmer staunen. Die höchste Salzkonzentration haben die Lacken. Auf dem Weg zur bekanntesten – der Langen Lacke in Apetlon – kommt die Gruppe am tiefsten Punkt Österreichs vorbei, der sich 114 Meter über dem Meeresspiegel befindet. Die durchschnittliche Tiefe des 320 Quadratkilometer großen Neusiedler Sees beträgt übers Jahr lediglich 1,2 Meter.

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Gefüllt werden die Gewässer fast ausschließlich von Regenwasser. Das Salz stammt aus der oberen Bodenschicht. Viele Lacken trocknen im Sommer aus. Im Herbst werden die salzigen Böden mit einem Teppich von lila blühenden Salzastern und anderen Pflanzen überzogen. Um den Wasserstand des Sees, der in seiner Geschichte an die 100-mal komplett ausgetrocknet ist, muss sich das Burgenland derzeit keine Sorgen machen: "Er ist gerade überdurchschnittlich hoch", sagt Lang.

Viel gesehen und gehört haben Naturfreunde nach der dreistündigen Tour durch die pannonische Tiefebene. Danach gilt es, das Areal alleine zu erkunden, ob per pedes, mit dem Fahrrad oder auf einer Pferdekutsche. Aber nicht ohne vorher den See aus der Nähe betrachtet und sich mit einem Sprung ins kühle Nass erfrischt zu haben.