Chronik/Österreich

Neue Schlossherren gesucht

Schloss in Bestzustand nähe Graz", "Historische Burg in bester Aussichtslage in Kärnten" oder "Prachtvolles Schloss in Tirol in herrlicher Panoramalage". Wer sich auf willhaben.at oder immowelt.at umsieht, findet überraschend viele Burgen und Schlösser, für die finanzkräftige Käufer gesucht werden.

Immobilienmakler sprechen von 40 bis 60 herrschaftlich-historischen Gebäuden, die aktuell am heimischen Markt über Webportale oder – auf Wunsch – diskret veräußert werden. Nur wenn eine sinnvolle Nachnutzung als Privatresidenz, Hotel oder Wohnungen möglich ist, lässt sich ein neuer Besitzer finden. Sonst droht ihnen eine Zukunft als Ladenhüter.

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Rund 8,5 Millionen Euro muss man hinblättern, wenn man ein "barockisiertes Renaissanceschloss" im Salzkammergut mit 3000 Quadratmetern Wohnfläche und einer 44.000 Quadratmeter großen Parkanlage besitzen will. Fast schon günstig ist dagegen ein ehemaliges Wasserschloss in der Nähe von Wien, das um 3,5 Millionen Euro zu haben ist. Solche Angebote findet man im Internet oft. Auch ein früherer Befestigungsturm in Dürnstein in der Wachau wird auf einem Webportal als "Traumimmobilie" mit 200 Quadratmetern Wohnfläche um 890.000 Euro angeboten.

Warum vielerorts Schlösser und Herrenhäuser verkauft werden, hat aus Sicht der Immobilienmakler mehrere Gründe. Ein starkes Verkaufsmotiv: "Gerade wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmer, die sich in den 1970er-Jahren als 40- oder 50-Jährige ein Schloss geleistet haben, sehen jetzt, dass ihre Kinder kein Interesse an Tradition haben. Um Erbstreitereien vorzubeugen, werden ihre Besitztümer rechtzeitig verkauft", sagen Benedikt Seilern-Moy von der "Immobilienkanzlei Alexander Kurz" und Christoph Freiherr von Schenck, Chef des Bereichs "Schlösser" beim Hamburger Luxusmakler "Engel & Völkers". In den seltensten Fällen sei wirtschaftliche Not ein Verkaufsargument.

Käuferklientel

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Waren vor der Ukraine-Krise neben Inländern, die nach wie vor als größte Käuferschicht gelten, auch Russen finanzpotente Kunden, so sind es jetzt vermehrt kultur- und klassikmusik-affine Asiaten und (aufgrund des starken Franken) Schweizer, die nach Schlössern und Herrenhäusern suchen. "Die Käuferschicht ist aber sehr dünn. Es muss schon ein Liebhaber sein, der gewillt ist, ein historisches Gebäude mit allen Vor- und Nachteilen zu kaufen", sagt Luxusimmobilien-Maklerin Marlies Muhr.

Da der Besitz von Schlössern mit hohen Instandhaltungskosten verbunden ist, gelten sie nicht als klassisches Anlagevermögen – außer bei gewerblicher Nutzung. Trotzdem können Verkaufsprozesse oft Jahre dauern. "Da es kaum eine Nachfrage gibt, sinken die Preise. Die treffen dann in den meisten Fällen nicht die Vorstellungen der Verkäufer", sagt Muhr.

Dass die Erhaltung eines historischen Gebäudes eine große Herausforderung ist, weiß Benedikt Abensberg-Traun, Besitzer der (unverkäuflichen) Burg Rappottenstein im Waldviertel.

"In unserer Familie ist es üblich, jedes Jahr eine geringe sechsstellige Summe in die Instandhaltung zu investieren, um später millionenschwere Restaurierungsmaßnahmen zu verhindern", sagt Abensberg-Traun. Mal müsse das Dach, mal das Mauerwerk erneuert werden. "Bei Hunderten Räumen gibt es immer etwas zu tun", sagt der Burgbesitzer. Wer ein billiges Gebäude kauft, müsse mit vielen, weiteren Kosten rechnen. Auch das Denkmalamt habe strikte Auflagen, doch dort sei man sehr kooperativ.