Chronik/Österreich

Leichtfried: Elektroauto predigen, Diesel fahren

Elektroautos sind die Zukunft – das wird derzeit zumindest in einer breit gefächerten Inseratenkampagne des Verkehrsministeriums gepredigt. Vor zwei Wochen saß Ressortchef Jörg Leichtfried dazu in seinem Elektro-VW-Golf und führte ihn im ORF publikumswirksam der Öffentlichkeit vor.

Doch die Wirklichkeit ist offenbar eine andere. Ganze 3504 Kilometer ist Leichtfrieds Elektrofahrzeug im gesamten vergangenen Jahr bewegt worden. Das enthüllt nun eine parlamentarische Anfrage der Grünen Abgeordneten Gabriela Moser. Bereits in der ersten Arbeitswoche legte sich Leichtfried das Elektroauto zu – als Zweitwagen zu dem Audi A8, den er von seinem Amtsvorgänger Gerald Klug geerbt hatte.

37.000 Diesel-Kilometer

Einige Monate später, am 7. Juni 2016, setzte der Verkehrsminister eine Pressemeldung auf der Ressort-Homepage ab. Darin ist etwa zu lesen: "Aktuelle technologische Trends wie die (...) E-Mobilty (...) werden die Art und Weise wie wir uns fortbewegen, gravierend verändern". Auch Leichtfried veränderte am gleichen Tag sein Fortbewegungsmittel: Er gab den Audi zurück und wechselte auf einen BMW 730 Diesel. Mit diesem hat er in nur einem halben Jahr 37.000 Kilometer zurückgelegt.

Predigt der Minister also Wasser und trinkt selbst Wein? Auf die KURIER-Frage, ob das nicht alles etwas ungewöhnlich sei, antwortet sein Sprecher so: "Der E-Golf ist das Hausauto des Verkehrsministeriums und steht den Mitarbeitern des Ministeriums zur Verfügung. Der Minister borgt ihn sich anlassbezogen, vor allem für Fahrten in Wien, wenn er nicht die U-Bahn nutzt, oder überhaupt zu Fuß unterwegs ist. Für längere Strecken oder bei längerer Abwesenheit – etwa auf Bundesländertagen – nutzt der Minister sein Dienstauto." In der parlamentarischen Anfragebeantwortung und im ORF-Bericht wird der E-Golf allerdings als Ministerauto geführt, das quasi nebenbei auch den Mitarbeitern zur Verfügung steht. Im Ministerbüro beharrt man dennoch, eder VW sei kein offizieller Dienstwagen des Ministers.

Alle Inhalte anzeigen
Deshalb fährt der Minister den E-Golf auch nicht privat, obwohl er seine Dienstwagen privat nutzen darf. Bei anderen Autofahrern wünscht sich das Leichtfried allerdings schon, ab 1. März werden deshalb 72 Millionen Euro zur Förderung der E-Mobilität bereitgestellt. So soll es 4000 Euro als Ankaufsprämie beim Neukauf eines Elektroautos geben. Außerdem werden Ladestationen mit 200 Euro gefördert. Während in Europa die E-Mobilität stagniert, steigen die Zahlen in Österreich auf eher niedrigem Niveau. Insgesamt sind derzeit rund 9000 Elektrofahrzeuge unterwegs.

Immer wieder kamen Vorschläge, man sollte die Busspuren für Elektrofahrzeuge öffnen. Vielleicht würde dies auch helfen, dass so mancher Minister auf ein Elektroauto zurückgreift. Zumindest die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner wollte ja die Busspur für Minister öffnen.

Minister: Private Nutzung geheim

Die meisten Minister fahren jedenfalls aktuell einen BMW 730d, wobei manche ihr Dienstfahrzeug relativ oft wechseln müssen. Großteils gibt es Leasingverträge und nach 60.000 Kilometer werden die Fahrzeuge ausgetauscht.

Alle Inhalte anzeigen
Der fleißigste Minister was die Kilometerleistung betrifft, ist Verteidungsminister Hans-Peter Doskozil, dicht gefolgt von Innenminister Wolfgang Sobotka. Am Schluss ist erwartungsgemäß die mittlerweile verstorbene Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, die wegen ihrer Krankheit nicht immer ihr Amt ausüben konnte. Wenige Kilometer spult offenbar auch der jeweilige Bundeskanzler ab.

Moser will "Gleichbehandlung"

Schweigsam sind alle Ressortchefs bei der Auskunft, wie weit sie ihre Dienstfahrzeuge auch privat nutzen. Dies ist zwar völlig legal, aber offenbar dennoch ein Staatsgeheimnis. „Damit wollen wir uns auch weiterhin nicht abfinden“, sagt die Grüne Gabriela Moser, Vorsitzende des Rechnungshofausschusses. Sie kritisiert auch, dass die Steuerzahler für die Privatnutzung von Dienstautos „720 bis 960 Euro bezahlen müssen, bei Ministern sind es aber nur maximal 608,40 Euro“.

Moser fordert nun eine „Gleichbehandlung vor dem Steuergesetz. Unsere Minister verdienen genug, sodass sie sich die 960 Euro Sachbezug-Besteuerung wohl leisten können“.