Kulturhauptstadt: Wenn St. Pölten für Emotionen sorgt
Von Martin Gebhart
Die Zeiten sind vorbei, dass in St. Pölten das Attribut „Graue Maus“ einfach nur achselzuckend zur Kenntnis genommen wurde. Als diese Bezeichnung für die jüngste Landeshauptstadt am Donnerstag beim KURIER-Gespräch im Haus der Geschichte auftauchte, blieb das Publikum nicht mehr ruhig. Und Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) nahm von der Bühne aus mit einem breiten Grinsen zur Kenntnis, wie emotionell seine Stadt mittlerweile verteidigt wird.
Im Jahr 2024 sollen die St. Pöltner auf ihre Stadt noch stolzer sein. Da will man als Europäische Kulturhauptstadt international punkten. Dass das möglich ist, daran zweifelt in der Stadt an der Traisen kaum jemand. Das wurde bei dem KURIER-Gespräch in St. Pölten mehr als deutlich. Die Frage von Moderatorin und KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon, ob St. Pölten das Prädikat Kulturhauptstadt verdient, wurde am Podium und im Publikum eindeutig mit Ja beantwortet.
Veränderungspotenzial
Michael Duscher verantwortet als Chef des Bewerbungskomitees den Weg in Richtung Kulturhauptstadt. Er ist überzeugt, dass aus St. Pölten etwas Großes werden kann: „Es ist die Stadt, die das größte Veränderungspotenzial hat. Außerdem stehen weite Teile der Bevölkerung hinter der Bewerbung.“ Er erlebe, dass St. Pölten wirklich im Aufbruch sei. „St. Pölten ist vielleicht eine Liebe auf den zweiten Blick, aber durch die Kulturhauptstadt würde das anders werden.“
Eine Mutinjektion erhielten die St. Pöltner von Manfred Grubauer, oberster Vertreter des Tourismusverbandes Linz. Er war federführend dabei, als sich Linz auf das Abenteurer „Kulturhauptstadt eingelassen hatte. Grubauer: „Bei uns ist man einhellig der Meinung, dass es sich ausgezahlt hat.“ Man habe als Industriestadt eine ähnliche Position wie St. Pölten gehabt und als Kulturhauptstadt einen Imagewandel geschafft.
Was die Situation in St. Pölten leichter macht: Hinter der Bewerbung steht auch das Land, wie Landesrat Martin Eichtinger ( ÖVP) betonte: „Diese Idee passt zu St. Pölten.“ Niederösterreich habe in den vergangenen Jahren kulturell enorm an Bedeutung gewonnen. Das Projekt Kulturhauptstadt sei ein weiterer entscheidender Schritt in dieser Entwicklung. Eichtinger ist auch wichtig, dass die Region 2024 mit Krems, den Stiften Melk, Herzogenburg und Lilienfeld sowie allen touristischen Attraktionen miteinbezogen wird: „In der Region wird das Umfeld geboten, um die Landeshauptstadt hervorzuheben.“
An den Leuchtturm-Projekten für die Kulturhauptstadt – die Entscheidung fällt im November – wird gearbeitet. Fix einbezogen werden die Plätze in der Stadt, die ehemalige Synagoge oder ein künftiges Kunst- und Kulturvermittlungszentrum für Kinder. Nutzen will man auch die ehemaligen Fabrikshallen der Glanzstoff. Duscher: „Die Glanzstoff ist das Symbol für die Transformation dieser Stadt.“
St. Pölten-Witze
Dass die Bevölkerung hinter dem Projekt steht, bewies das Publikum beim KURIER-Gespräch. In fast allen Wortmeldungen wurde St. Pölten verteidigt. Gegen abfällige Äußerungen und gegen Witze über die Landeshauptstadt. So hielt etwa Hannes Raffaseder von der FH St. Pölten ein wahres Loblied auf des Festspielhaus. Eine Zuhörerin wünschte sich, dass der Klangturm im Landhausviertel zu neuem Leben erweckt wird. Was Michael Duscher versprach.
Er präsentierte auch eine kuriose Idee, wie mit den Witzen über St. Pölten umgegangen werden soll. Man habe sich überlegt, einen Abend lang in der Bühne im Hof die gängigsten Schmähungen über die Landeshauptstadt künstlerisch vorzutragen. Duscher: „Und danach muss dann Schluss sein.“