Chronik/Österreich

Kampusch: "Medien-Zirkus schränkte mich ein"

Am 23. August jährt sich die Selbstbefreiung von Natascha Kampusch zum zehnten Mal. Ein Millionenpublikum nahm seitdem Anteil am Schicksal des 1998 entführten Mädchens, das acht Jahre lang in einem eigens gebauten Verlies in einem niederösterreichischen Einfamilienhaus gefangen und ihrem Peiniger ausgeliefert war. Seit ihrem ersten Interview ist Kampusch auch eine Person öffentlichen Interesses – und wurde erneut Opfer, diesmal von Verschwörungstheoretikern und Neidern. Dem KURIER beantwortete sie schriftlich Fragen über die Medienfigur Kampusch und ihr neues Buch.

KURIER: Wie denken Sie über die mediale Darstellung Ihrer eigenen Person?

Natascha Kampusch: Es war sehr faszinierend für die Menschen, dass ich überlebte. Dennoch machte sich nach und nach ein Misstrauen breit, das fast bis zur medialen Verhetzung ging. Es ist ein ganz eigenes Phänomen, in dem sich Ängste und Neidgefühle der Menschen mischen.

Haben Sie Ihren Schritt an die Öffentlichkeit bereut?

Ich hatte nie die Möglichkeit, den Schritt an die Öffentlichkeit zu bereuen. Für mich gab es die Option, andere meine Geschichte erzählen zu lassen, nicht. Das erste Interview ließ sich aus so vielen Gründen nicht vermeiden, doch ich stehe nach wie vor dazu. Auch wenn es die bereits bekannten Nachwirkungen für mich mit sich brachte.

Sie sprechen davon, dass Sie auch in ein Gefängnis zurückgekehrt sind. Was meinen Sie damit genau?

Der mediale Zirkus begann nach meiner Selbstbefreiung und hat mich sicherlich in vielem eingeschränkt. Beschützt und sicher fühlte ich mich nicht. In diesem Sinne kann ich also von einer Art zweitem Gefängnis, der sich mir offenbarenden Gesellschaft, sprechen.

In der ORF-Sendung "Thema" erzählen Sie von Ihrem Weg in ein normales Leben. Wie weit sind Sie?

Das sogenannte normale Leben gibt es nicht, es gibt nur Richtwerte. Mein Leben ist ein außergewöhnliches und in diesem Sinne werde ich es auch zu leben haben.

Was war nach Ihrer Selbstbefreiung vor zehn Jahren der schönste Moment für Sie?

Es gab viele schöne Momente und es werden noch mehr nachkommen. Das kann ich nicht wirklich konkretisieren.

Weshalb gibt es jetzt ein weiteres Buch von Ihnen?

Ich habe mich nach zehn Jahren dazu entschlossen, mit dem, was nach meiner Befreiung war, abzuschließen. Es war sehr fordernd in dieser Zeit, die sicher nicht immer so rosig war. Es gibt vieles, was meine Leser des ersten Buches interessieren wird.

Was möchten Sie den Lesern und Leserinnen darin noch sagen?

Ich möchte den Lesern und Leserinnen einen kleinen Einblick in all das, was mich die Jahre 2006 bis 2016 beschäftigt hat, gewähren. Wie sich die Ereignisse rund um das Medienspektakel und die Meinungsmache gegen mich wirklich zugetragen haben.

Sie haben einen Schulabschluss nachgeholt. Wie sehen Ihre beruflichen Pläne aus?

Für mich kommen im Moment diverse Ausbildungen infrage, die ich absolvieren werde. Alles im Dienste der Allgemeinheit, um Menschen zu helfen.

Was planen Sie mit dem Haus in Strasshof, in dem Sie acht Jahre gefangen waren und das Ihnen übereignet wurde?

Das gebe ich bekannt, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.