Sonnenalm-Produkte ausverkauft
Von Thomas Martinz
Kärnten, Klein St. Paul, Milchstraße 1. Es riecht hier wieder nach Milch – so als hätte man eben unzählige Milch-, Joghurt- und Topfenpackerln geöffnet. Darunter mischt sich ein leichtes Käse-Aroma. Das fällt auf beim KURIER-Lokalaugenschein in der Molkerei Sonnenalm. Es fällt auf, weil dieser Geruch vor drei Monaten beim ersten Besuch nicht in der Luft lag. Damals musste die Molkerei die Produktion einstellen, da der Giftstoff Hexachlorbenzol (HCB) in einer Topfen-Probe gefunden wurde. Die Maschinen standen still und einige Mitarbeiter auf der Straße. Jetzt wagt das Familienunternehmen den Neustart.
Sämtliche Angestellte sind wieder an Bord; und man merkt ihnen die Erleichterung an, während sie – in weiße Schutzkleidung gehüllt – in den Hallen werkeln und die Rohmilch verarbeiten. Rund eine Million Euro hat Geschäftsführer Hannes Zechner der HCB-Skandal gekostet. Wie die Landwirte kam auch er völlig unschuldig zum Handkuss. Da gab es doch gewiss eine kräftige Finanzspritze vom Land für den Neustart, Herr Zechner?
"Eineinhalb Monate musste ich auf einen Termin warten. Landeshauptmann Peter Kaiser und Agrar-Referent Christian Benger haben keine Möglichkeit für eine finanzielle Unterstützung gesehen", erzählt Zechner.
Start bei null
1997 begann die regionale Erfolgsstory der Molkerei mit einem Berg von Schulden. Und jetzt startet Zechner wieder bei null. Wenn überhaupt, denn der Name "Sonnenalm" ist angepatzt. "Wir haben uns dennoch entschlossen, ihn beizubehalten", sagt der Geschäftsführer, packt den über die Landesgrenzen hinaus berühmten Topfen in Sackerln und rührt seine Milch. Es handelt sich um Rohmilch aus der Region Murau in der Steiermark. Im Görtschitztal mussten seit November rund 700.000 Liter entsorgt werden – HCB-kontaminiert.
Dem Neustart der Sonnenalm sind vier Testproduktionen vorausgegangen – begleitet vom Land, externen Prüflabors und von der Umweltorganisation Greenpeace. Alles sauber, zu 100 Prozent HCB-frei. Wann wieder regionale Milch verarbeitet werden kann, steht in den Sternen. "Bei aktuellen HCB-Bodenproben liegt das Görtschitztal sogar unter dem Kärnten-Schnitt. Wenn das frische Futter okay sein sollte, werden auch die Tiere dementsprechend darauf reagieren. Dann können wir uns endlich selbst helfen. Hilfe vom Land ist nicht zu erwarten", weiß Zechner.
Er zählt zu jenen Geschäftsleuten, die Handschlagqualität mehr schätzen als schriftliche Verträge. Und einige Konzerne denken offenbar ähnlich. Mit Spar und Billa bestanden lediglich mündliche Vereinbarungen – und dennoch stehen jetzt wieder Sonnenalm-Produkte in den Regalen. Zumindest, falls der Kunde Glück hat. "Die Erstbestückungen waren sofort ausverkauft, derzeit kommen wir mit der Produktion kaum nach. Die Solidarität der Konsumenten ist in dieser Startphase bereits gegeben."
Bis zur Stalltür
Um den Kunden noch mehr Sicherheit zu bieten, hat Sonnenalm das Kundentool milchcheck.at installiert. Über den QR-Code, der auf jedem Produkt vermerkt ist, können Herkunft und Entstehung des Erzeugnisses "bis zur Stalltür" nachverfolgt werden.
Seit wenigen Tagen werden auch wieder einzelne Schulen beliefert. Bis November bestanden Verträge mit insgesamt 120 Kindergärten und Bildungseinrichtungen in den Bezirken St. Veit und Klagenfurt. "Wir unterstützen den Wiedereinstieg der Sonnenalm. Nirgendwo in Österreich wird so genau geprüft wie bei diesem Unternehmen", sagt Kärntens Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger.