Chronik/Österreich

Ein Land hängt am seidenen Faden

" Ermessensausgaben": Ein bislang eher unbekannter Ausdruck wird aktuell zur Politiker-Floskel. Das Land Kärnten hat bekanntlich sämtliche Auszahlungen solcher Ermessensausgaben gestoppt. Darunter leiden nicht nur Straßenprojekte, es trifft direkt oder indirekt jeden. Sogar die Auszahlung des Kärntner Babygeldes wurde gestrichen, Sportvereine sowie das Schulsport-Leistungsmodell hängen ebenso in der Luft wie Brauchtumsverbände und Kulturprojekte.

Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) ist ständig in Kontakt mit Wien, denn Grund für den Zahlungsstopp ist der fehlende Finanzierungsvertrag mit dem Bund. "Das Land braucht bis Jahresende 200 Millionen Euro an Krediten", sagt sie. Wegen der zurückgestuften Bonität kann auf dem freien Markt kein Darlehen aufgenommen werden. Doch Kärnten benötigt alleine im April 30 Millionen, um den Betrieb in den Spitälern aufrecht zu erhalten. "Die Gesundheit hat absolute Priorität", weiß Schaunig. Ansonsten ist Sparen angesagt. Zehn Prozent der Ausgaben im Sozialbereich von Beate Prettner (SPÖ) sind vertraglich nicht abgesichert, daher wurde rasch das Babygeld gekappt. Bisher erhielten Eltern pro neugeborenem Kind 500 Euro.

Es geht um Existenzen

Um Existenzen geht es inzwischen beim Schulsport-Leistungsmodell (SSLK), das in Kärnten Sportlern wie Thomas Morgenstern, Matthias Mayer oder Michael Raffl den positiven Maturaabschluss und die Entwicklung zum Leistungssportler ermöglichte. "Momentan herrscht Zahlungssperre. Wir haben Angestellte, die in der Luft hängen. Ich weiß nicht, wie wir Ende April die Gehälter bezahlen sollen", sagt SSLK-Obmann Max Wilfan. "Persönlich werde ich nicht haften."

Förderungen für 1600 Kärntner Sportvereine wurden unterdessen bereits um 20 Prozent gekürzt.

Auch bei Brauchtumsvereinen wird der Sparstift angesetzt. Manfred Berger vom Landesverband der Schützengarde beispielsweise klagt: "Wir haben um Förderung angesucht und keine Antwort erhalten. Dabei geht es lediglich um 3000 Euro für 2015." Künftig werde man das Geld wohl über Mitgliedsbeiträge einheben müssen.

Aus für Transformale

Der zuständige Landesrat Christian Benger ( ÖVP) hat größere Sorgen als die Brauchtumsvereine: 7,3 Millionen für das ländliche Wegenetz sind vom Zahlungsstopp betroffen. Und: "Die Situation verlangt weiters Redimensionierungen quer durch das Kulturreferat", betont Benger und kürzt die Subvention für das kultur-touristische Projekt Transformale von 450.000 um 100.000 Euro. Es sollte 2015 unter dem Motto "Land in Sicht" laufen – und scheint unterzugehen. Für Intendant Tomas Hocke steht fest: "Die Transformale findet nicht statt. Einzelnen Projektbetreibern ist es freigestellt, ob sie weitermachen. Aber ohne Werbung oder Ticketing können wir den Grundauftrag nicht erfüllen." Die Kuratoren seien ihres Amtes enthoben worden.

Landesrat Gerhard Köfer ( Team Stronach) darf indes Mittel für Sanierungsprojekte überhaupt nicht mehr freigeben. "Die Gailtalbrücke in Federaun ist baufällig und längst sanierungsbedürftig", warnt er vor Gefahren dieser Politik.Vom Zustand der Straßen spricht er lieber gar nicht.