Chronik/Österreich

Schlag gegen internationale Schlepperbande

Der österreichischen Polizei ist ein Schlag gegen einen internationalen Schlepperring gelungen. Unter den Festgenommenen sind laut Innenministerium führende Mitglieder einer kriminellen Vereinigung, die rund 1.800 Menschen illegal nach Österreich gebracht haben sollen.

"Sie alle kennen die schrecklichen Bilder, die uns Tag für Tag aus Syrien erreichen und von den vielen Menschen, die sich eines Schleppers bedienen", so Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zu Beginn der Pressekonferenz am Donnerstag. "Wie skrupellos Schlepper vorgehen, hat uns auch das Flüchtlingsdrama auf der A4 gezeigt, wo 71 Menschen gestorben sind."

17 Verdächtige ausgeforscht

Alle Inhalte anzeigen
Mikl-Leitner sprach von einem "großen Schlag gegen die Schlepperszene". Es ist gelungen, elf Mitglieder einer Schlepperorganisation dingfest zu machen, darunter auch der Kopf der Bande. Weitere sechs Bandenmitglieder konnten ausgeforscht werden. Es sei darüber hinaus gelungen, einen Teil des Schlepperlohnes - rund 50.000 Euro - sicherzustellen. Pro Person dürften die Schlepper 250 bis 300 Euro kassiert haben. Insgesamt schätzt die Exekutive die Einkünfte der Gruppe auf mehr als eine halbe Million Euro. Die Innenministerin wies einmal mehr darauf hin, dass man legale Wege nach Europa schaffen müsse, um den Schleppern die Geschäftsgrundlage zu entziehen.

Laut NÖ-Landespolizeidirektor Franz Prucher sind sechs Fahrzeuge der Schlepperorganisation sichergestellt worden. Im Schnitt wurden zehn bis 15 Personen - hauptsächlich Syrer und Afghanen - in Vans und Kleintransporter gepfercht. Der Wagen mit den Flüchtlingen wurde erst losgeschickt, wenn ein Vorausfahrzeug meldete, dass die Luft rein ist. Die Schleppungen erfolgten über Ungarn nach Wien, in der Bundeshauptstadt seien für die Schlepper eigens Wohnungen "zum Ausruhen" angemietet worden.

Alle Inhalte anzeigen
"Schlepperei ist ein schweres Delikt, die Justiz hat einmal mehr ein klares Zeichen gesetzt", so Prucher abschließend. Mikl-Leitner bezeichnete den Kampf gegen Schlepperorganisationen als "Sisyphusarbeit" für die Ermittler. "Die Schlepper werden uns auch in den nächsten Monaten beschäftigen."

Nach dem Flüchtlingsdrama auf der A4 im Bezirk Neusiedl am See am 27. August, bei dem 71 Flüchtlinge tot in einem Kühl-Lkw entdeckt worden waren, sind laut Polizei nun "annähernd alle Opfer identifiziert". "Wir haben gute Fortschritte bei der Identifizierung gemacht. Das Endergebnis steht aber noch aus", sagte Polizeisprecher Gerald Pangl am Donnerstag.

Bisher wurden knapp 60 Sterbeurkunden und Leichenpässe von der Gemeinde Nickesldorf ausgestellt. "Es waren auch Familienmitglieder mit dem Leichenbestatter hier und haben Papiere abgeholt. Bei manchen waren es Angehörige, die bereits hier in Österreich leben und deren Verwandte nachkommen hätten sollen", schilderte der stellvertretende Amtsleiter Wolfgang Gonter.

Die Überführung eines Toten kostet laut dem Nickelsdorfer Bürgermeister Gerhard Zapfl (SPÖ) zwischen 3.000 und 5.000 Euro. Das sei ein Schätzwert, der aus der Erfahrung in der Vergangenheit hervorgehe, erläuterte er im APA-Gespräch. Die Kosten für die Überführung müssen die Angehörigen tragen. Jedoch können Familien bei Botschaften und Vereinen um finanzielle Hilfe bitten.

Wann der Abschlussbericht zum Flüchtlingsdrama da sein werde, konnte von der Polizei zunächst nicht gesagt werden. Man gehe allerdings davon aus, dass es noch im November eine Pressekonferenz dazu geben werde.