Kärntner Grüne: "Ich sehe keine Perspektive"
Von Thomas Martinz
"Die Kunst der Politik. Zum Potenzial von Gruppendynamik und Organisationsentwicklung für politische Lernprozesse", nennt sich ein Buch von Barbara Lesjak, veröffentlicht im Lahr 2009. Zwei Jahrzehnte lang hat die Philosophin diese Kunst als Grün-Politikerin in der Praxis "studiert", nun zieht sie den Schlussstrich. Lesjak tritt als Landtagsabgeordnete, als Klubobfrau sowie als Mitglied des Kärntner Landesvorstands zurück – und aus der Partei aus.
Später Sprung in Kärntner Landtag
Lesjak gilt als Parade-Grüne, als Frau der ersten Stunde, die 1996 in der Grünen Bildungswerkstatt anheuerte und 2004 den Sprung in den Kärntner Landtag schaffte. Was in allen anderen Bundesländern längst realisiert war, war für die Kärntner Ökopartei eine Premiere.
"Blutige Anfänger waren wir, vom Tuten und Blasen hatten wir keine Ahnung. Aber das Gegengewicht zur Übermacht Jörg Haider wollten wir sein. Und wir haben vieles aufgedeckt", verweist die Vorsitzende des Seen-U-Ausschusses auf die Tatsache, dass "Zustände der Vor-Regierungen aufgearbeitet wurden". Seit der 2013 begonnenen Regierungsbeteiligung der Grünen, ist sie auch Klubobfrau. Allerdings nur bis zur Landtagswahl am 4. März.
Von der Basis gestürzt
Bei der Listenerstellung für den Wahlkreis Klagenfurt, stolperte die 47-Jährige über das basisdemokratische Parteistatut: Jeder, der mehr als zwei Perioden ein Mandat inne hat, muss sich einer Zulassungs-Abstimmung stellen, bevor er sich neuerlich für einen Listenplatz bewirbt. Und Lesjak wurde – je nach Sichtweise – das Opfer einer Intrige bzw. der Basisdemokratie. Jetzt zieht sie die Konsequenz daraus. " Ich will keine andere Funktion bekleiden und ich mach keine halben Sachen. Daher werde ich alle Ämter niederlegen und aus der Partei austreten", kündigt sie an.
Auch, weil die Partei in der Krise stecke. "Der Umgang mit den Jungen Grünen, mit Eva Glawischnig, Peter Pilz, das war politisches Harakiri, das waren Schüsse in beide Knie. Die Grünen bräuchten einen radikalen Paradigmenwechsel, müssten sich komplett neu aufstellen. Aber jeder kämpft gegen jeden, kein Zeichen der Solidarität. Die Grünen stehen Schlange um Geld, Posten und Macht", sagt Lesjak.
Von der Basisdemokratie der Partei hält sie verständlicherweise wenig. "Unbekannte werden Mitglieder und stimmen mit ab, sie treffen Partei- und Personalentscheidungen. Das hat lange mit Ach und Krach funktioniert, inzwischen geht aber immer mehr schief. Das hat die Partei vergiftet", sagt sie.
Keine Prognose
Die Stimmung in der Bevölkerung sei dementsprechend. "Ich sage stets: ich kann nichts für den Prozess der Grünen Selbstzerstörung. Und ich sehe leider keine Perspektive." Eine Prognose, wie es mit der Bundespartei weitergehen wird, traut sie sich nicht zu; den Kärntner Kollegen wünscht sie den Verbleib im Landtag.
Persönlich will sie die "Kunst der Politik" nur mehr aus der Ferne betrachten. Lesjak macht sich als Trainerin und Beraterin für Projektmanagement, Kommunikation, Teambuilding und Supervision selbstständig.