Chronik/Österreich

Misshandlungsvorwürfe gegen Polizei

Sie haben mir gesagt, ich soll aufstehen, damit sie mir Handschellen anlegen können“, erzählt Henry E. vom 4. Juni. „Dann weiß ich nur noch, dass ich am Boden gelegen bin. Im Blut.“

Schwere Vorwürfe erheben der 33-Jährige und sein Rechtsvertreter Ronald Frühwirth (Kanzlei Kocher und Bucher in Graz) gegen Beamte der Grazer Polizei: Sie sollen den Nigerianer verletzt und erniedrigt haben. Die Polizisten sollen E. von seinem Standplatz vor dem Hauptbahnhof geholt haben, wo er die Straßenzeitung Megaphon verkauft: Am nächsten Tag sollte er nach Wien gebracht und in ein Flugzeug gesetzt werden E.s Asylanträge wurden in letzter Instanz abgelehnt, ein Abschiebetermin festgesetzt.

„Ein Dealer“

E. habe sich jedoch in der Polizeiinspektion nackt ausziehen müssen, denn er sei „bestimmt ein Drogendealer“, habe es geheißen. Als er sich weigerte, Papiere zu unterschreiben, „ist er beim Niederringen und der Festnahme verletzt worden, in dem er unsanft auf den Boden gestoßen worden ist“, schildert Frühwirth.

Offizielle Fotos aus dem Polizeiakt zeigen E. auf dem Bauch liegend, mit Wunden im Gesicht, mit Handschellen am Rücken gefesselt. So soll er auch in das Spital gebracht worden sein, wo er eine Stunde lang in der Position verharren habe müssen.

Am Mittwoch wird am Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Steiermark darüber verhandelt: Frühwirth brachte Beschwerde gegen die Polizisten ein, fünf werden vom Richter vorgeladen. „Die Amtshandlung war rechtswidrig“, ist Frühwirth überzeugt. Sollte der UVS die Vorgangsweise der Polizei als rechtswidrig einstufen, ist eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Körperverletzung möglich.

Die Landespolizeidirektion will vor der Verhandlung keine Stellungnahme abgeben. Im Akt findet sich aber eine Erklärung der Beamten: E. habe sich mehrmals mit einem Tacker gegen die Stirn geschlagen und getobt.

Henry E. will bei der Verhandlung dabei sein. Auch wenn die Gefahr besteht, dort selbst verhaftet zu werden. „Der Asylantrag ist leider rechtskräftig abgewiesen“, bedauert Frühwirth. „Er kann jetzt jederzeit abgeschoben werden.“