"Gammelfleisch-Prozess" in Graz neuerlich vertagt
Der Prozess gegen den Geschäftsführer eines steirischen Schlachthofes, der genussuntaugliches Schweinefleisch für die Weiterverarbeitung unter anderes Fleisch gemischt haben soll, ist am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht fortgesetzt worden.
Abermals wurden Zeugen gehört, darunter auch der Geschäftsführer einer steirischen Tierkörperverwertungsfirma. Dieser verstrickte sich allerdings selbst in Widersprüche. Die Verhandlung wurde für die Befragung weiter Zeugen vertagt.
Der Angeklagte blieb bei seiner Verantwortung, wonach es an einem „Chaos-Tag“, an dem die Waage nicht funktioniert habe, tatsächlich zu einer Vermischung gekommen sei. Außerdem versicherte er einmal mehr, dass es - auch bei anderen Schlachthöfen - bis damals üblich war, dass vom Tierarzt aussortierte Schweinehälften zu den Knochen geworfen wurden, die wiederum von der Tierkörperverwertung (TKV) abgeholt und dann weiterverarbeitet wurden.
Prozess bereits mehrfach vertagt
Der Prozess hatte bereits im Februar begonnen und wurde schon mehrfach vertagt. Diesmal standen die Abläufe bei der Tierkörperverwertung im Zentrum. Die Aussagen über die Prozesse bei der Weiterverarbeitung unterschiedlicher Tierreste gingen dabei auseinander.
Vorgesehen ist, dass alle Schlachtabfälle der Kategorie 1 thermisch entsorgt werden. Dazu gehören beispielsweise Hirn und Rückenmark, aber auch komplett genussuntaugliche Schweine. In die Kategorie 2 fallen unter anderem ungewaschene Därme und Material, das nicht in die Kategorie 1 fällt. Kategorie 3 gilt als die wertvollste Kategorie, denn darin enthalten sind Knochen, Häute und auch Schlachtkörperteile, die nach dem Gemeinschaftsrecht als genusstauglich eingestuft werden. Vieles davon landet bei der Tierfuttererzeugung.
Während der Angeklagte sagte, dass aussortierte Schweinehälften üblicherweise und offenbar jahrelang in den Container für die Kategorie 3 geworfen wurden, schreibt das Gesetz der Tierkörperverwertung vor, dass diese aus den Knochen aussortiert und getrennt entsorgt werden müssen, wenn sie nicht dezidiert als Kategorie 3 eingestuft wurden.
Das Problem an der Sache: Die TKV holt den Containerinhalt und lädt ihn in ihren Hallen wieder ab. Lediglich was oben auf liegt und sichtbar ist, kann per Kran entnommen und anders entsorgt werden. Außerdem ist auf den Schlachtkörpern natürlich keine Markierung, ob sie Kategorie 3 oder 1 sind. Somit kann das bei der TKV auch nicht mehr nachvollzogen werden.
So könnte es laut manchen Aussagen von Befragten gängige Praxis gewesen sein, dass aussortierte Schweinehälften einfach zu den Knochen und damit in die Kategorie 3 geworfen wurden. Davon profitierten vorerst alle Beteiligten, denn der Schlachthof erhielt für die Knochenmenge eine Vergütung und die TKV wiederum verkaufte die Kategorie 3 ebenfalls als Ware höherer Klasse weiter. Wie genau daher alle Beteiligten aussortiert haben, blieb dahingestellt. Der Geschäftsführer der TKV-Firma sagte zwar, dass einerseits alle sichtbaren Schweine aus den Knochen herausgefischt und getrennt entsorgt wurden. Andererseits unterstrich er auch, dass man sich bei der TKV darauf verlasse, dass etwas im Container der Kategorie 3 auch tatsächlich Kategorie 3 ist.
Die Dokumentation über bei der TKV abgegebene Schweinehälften wurde erst nach Bekanntwerden des Falls geändert. Seither müssen aussortierte Tiere in eigene Container entsorgt werden, wodurch auch die Nachvollziehbarkeit besser gegeben sein soll. Verteidiger Gerald Ruhri sah seine Argumentation damit bekräftigt, denn wenn es bis Herbst 2019 keine genauen Aufzeichnungen über die Verwertung von aussortierten Tieren gab, könne man seinem Mandanten diese auch nicht anlasten. Der Ankläger hatte den Schaden mit 5,7 Millionen Euro beziffert, wofür es aber laut Ruhri „keine konkreten Unterlagen“ gebe.
Am Donnerstag wurden weitere Zeugen beantragt. Der Prozess wurde daher auf den 13. Dezember vertagt.