Chronik/Österreich

Freispruch für Richter, der zehn Tage lang auf Häftling vergaß

Ein vorbestrafter Salzburger wurde am 3. August 2012 festgenommen und in die Justizanstalt eingeliefert, weil er seine Frau bedroht und geschlagen haben soll. Der Staatsanwalt beantragte die Verhängung der U-Haft. Binnen 48 Stunden muss in solchen Fällen ein Richter über den Haftantrag entscheiden und ihm stattgeben oder die Entlassung des Verdächtigen anordnen.

Ein inzwischen pensionierter Richter ließ sich damit aber viel Zeit. Der Akt lag unter anderen Akten vergraben auf seinem Tisch. Der Häftling wurde nicht vernommen und saß zehn Tage ohne richterliche Verfügung hinter Gittern, bis der Fehler bemerkt und die U-Haft verhängt wurde. Kurz darauf war der Mann wieder frei, weil seine Frau die Ermächtigung zur Strafverfolgung zurückgezogen hatte.

Im Februar 2014 musste der Richter wegen des Vergehens der fahrlässigen Verletzung der Freiheit einer Person selbst vor Gericht. Der Kollege im Bezirksgericht Salzburg sprach ihn jedoch frei. Das Landesgericht bestätigte den Freispruch. Begründung: Der Häftling sei nicht geschädigt worden, weil die Voraussetzungen für die U-Haft ja vorgelegen seien. Der Richter habe bloß die Frist überschritten.

Grundrecht

Die Generalprokuratur (quasi die oberste Anklagebehörde) konnte das nicht auf sich beruhen lassen und brachte beim Obersten Gerichtshof eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ein. Der Richter habe den Häftling in seinem Grundrecht über den Schutz der persönlichen Freiheit verletzt. Der Gesetzgeber empfinde dieses Grundrecht als äußerst sensibel und wolle Beamte zu einer besonders genauen Arbeitsweise anhalten, weshalb eine Verurteilung erfolgen müsse.

Doch auch die Höchstrichter sahen die Nachlässigkeit des Kollegen als nicht so gravierend an und bestätigten den Freispruch endgültig. Der Häftling, so der OGH sinngemäß, wäre damals ohnehin am besten in der U-Haft aufgehoben gewesen.