Flucht aus Schubhaftzentrum: Schnee legte Alarmanlage lahm
100 Kilogramm wog die Scheibe aus Sicherheitsglas, die drei Insassen des Anhaltezentrums Vordernberg aus dem Fensterrahmen drückten: Die Afghanen, zwei 20-Jährige und ein 25-Jähriger, entkamen so aus ihrem versperrten Zimmer im Parterre.
Sie schafften es in der Nacht zum Dienstag nicht nur in den Innenhof der Anstalt, sondern auch bei dichtem Schneefall über den vier Meter hohen Außenzaun: Die Alarmanlage ging nicht los, weil offenbar die Laser-Detektoren "durch den Schneedruck ausgefallen sind", bedauert Herwig Rath, Leiter des Anhaltezentrums.
Zwei Männer wurden eineinhalb Stunden nach der Flucht von der Polizei in der Nähe des Zentrums aufgegriffen. Doch vom dritten fehlte bis Dienstagnachmittag noch jede Spur. Die drei wurden vom vierten Insassen des Zimmers verraten.
Dies war nicht die erste Flucht aus dem Schubhaftzentrum, das Anfang 2014 in Betrieb ging. Ende August 2014 entkam ein Algerier – er wurde Tage später in Wien aufgegriffen. Mehrere Fluchtversuche konnte die Polizei seither rechtzeitig stoppen, alleine heuer gab es fünf. Zuletzt versuchten Anfang November zwei Männer, zu entkommen.
Mehr Stacheldraht
Dieser Vorfall war Anlass für Bürgermeister Walter Hubner, SPÖ, von der Landespolizeidirektion Steiermark bessere Sicherheitsvorkehrungen einzumahnen. Unterstützt von seinen Kollegen aus Eisenerz und Trofaiach wandte er sich schriftlich an die Behörde. Als Antwort erhielt er die Auskunft, es würden weitere Stacheldrahtrollen beim Außenzaun verlegt. Zentrumsleiter Rath kündigte gegenüber dem KURIER zudem auch "vermehrte Streifentätigtkeit in unregelmäßigen Abständen" an.
Das Zentrum in Vordernberg steht auch wegen seiner hohen Kosten immer wieder in der Kritik: Laut Rechnungshof kostet der Betrieb pro Monat 944.000 Euro – egal, wie viele Insassen sich dort befinden. Momentan sind es laut Rath rund 130 Männer, Platz wäre für 200 Schubhäftlinge.
Im Dienstpostenplan sind 55 Polizisten für Vordernberg eingeteilt, wobei nicht alle gleichzeitig Dienst tun: Derzeit sind es sieben in der Nacht und vierzehn tagsüber; dazu kommen noch Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma G4S. Es seien jedoch zu wenige Polizisten vor Ort, kritisieren Gewerkschafter und fordern eine Aufstockung. Auch, weil zuletzt einige Kollegen im Dienst verletzt worden seien.