Firmen suchen die besten Köpfe – "egal ob mit oder ohne Kopftuch"
Arbeitgeber dürfen das Tragen eines Kopftuchs oder anderer religiöser Symbole im Betrieb verbieten, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Woche. Ein Verbot muss aber diskriminierungsfrei sein. Der KURIER fragte bei großen Arbeitgebern nach, wie praxisrelevant das Urteil ist.
Bei McDonald’s sind schon jetzt Mitarbeiterinnen mit Kopftuch beschäftigt, "das wird sich auch nach dem EuGH-Urteil nicht ändern", sagt McDonald’s-Sprecherin Ursula Riegler. Aufgrund der Hygiene-Vorschriften dürfen Mitarbeiterinnen aber nicht mit dem privaten Tuch in der Küche oder am Schalter arbeiten. "Wir haben spezielle Tücher, die die Franchisenehmer als Bestandteil der Uniform bestellen", so Riegler. Sehr oft komme das aber nicht vor.
Auch bei der Rewe-Group (Billa, Merkur, Penny, Adeg) wird das Urteil nichts an der gelebten Praxis ändern. "Wir sind immer auf der Suche nach den besten Köpfen – mit oder ohne Kopftuch", sagt Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher. Im Konzern seien Menschen aus 80 Nationen beschäftigt, Religion würde bei der Einstellung keine Rolle spielen.
Giebelkreuz bleibt
Ähnlich argumentieren die Banken. Bei der Raiffeisen-Bankengruppe, die auch am Balkan vertreten ist, gibt es Kopftuchträgerinnen auch in der Zentrale der RBI in Wien. "Ich bin gegen Verbote", sagt Chef Karl Sevelda. Er sei vor Jahren einmal von einem Mitarbeiter gebeten worden, einer Kollegin in dessen Abteilung das Tragen eines Kopftuchs zu untersagen. "Ich habe das natürlich nicht untersagt." Bekleidungsrichtlinien gebe es nicht. Was andere religiöse Symbole anbelangt, meint Sevelda: "Das Giebelkreuz wird nicht abmontiert." Auch bei der Bawag/PSK ist ein Kopftuchverbot kein Thema. Geachtet werde nur auf eine einheitliche Business-Kleidung. "Wir legen Wert darauf, dass Kunden beim Betreten der Filialen ihren Bank-Ansprechpartner sofort an seinem Outfit erkennen", sagt eine Sprecherin. Die Bank stellt dazu die entsprechende Bekleidung zur Verfügung.
Der heimische Versicherer Allianz setzt als Teil eines internationalen Konzerns im Rahmen des "Diversity"-Konzeptes ebenfalls auf kulturelle Vielfalt. "In unserem Haus gibt es keine speziellen Kleidungsvorschriften".
Die Wiener Gebäudereinigungsfirma Reiwag hat in Österreich 1500 Mitarbeiter aus 29 Nationen, Personal wird bei dieser Größe quasi ständig gesucht – egal ob mit oder ohne Kopftuch. "Wichtig ist neben der Qualifikation vor allem ein gepflegtes Äußeres", sagt Reiwag-Chef Viktor Wagner. Manche Teams sind nach Ethnien zusammengestellt. "Ich habe Managerinnen aus der Türkei oder Serbien, da ist es automatisch so, dass die sich Mitarbeiter aus ihrer Heimat suchen, dagegen spricht auch nichts." Allerdings gebe es Kunden, die kein Kopftuch bei Reinigungskräften haben wollen. "Das müssen wir dann natürlich berücksichtigen und andere Mitarbeiter schicken", berichtet Wagner. Er erinnert sich, dass während des Jugoslawien-Konflikts US-Konzerne sogar wissen wollten, aus welcher bestimmter Balkan-Region die Reinigungskräfte kamen.
Der Kreditversicherer Acredia, zu dem die OeKB Versicherung gehört, hat muslimische Mitarbeiterinnen, "die allerdings von sich aus kein Kopftuch tragen", so eine Firmensprecherin. Verbote gebe es explizit nicht. Bei Geschäftsterminen schaut das anders aus. Die Regel beim Versicherer Acredia: "Der Begriff geschäftsmäßige Kleidung schließt bei uns das Tragen von Mini-Röcken, Flip Flops, kurzen Hosen und Vergleichbarem im Geschäftsalltag als nicht angemessene Kleidungsstücke aus. Dazu zählen auch das Tragen von Kopftüchern oder Hüten während offizieller Geschäftstermine."