Chronik/Österreich

UVP-Gesetz: Novelle vonnöten

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bringt das nationale Gesetz zur Abwicklung von Umweltverträglichkeitsprüfungen ins Wanken. Das Höchstgericht der EU beanstandet einen Passus, wonach Anrainer im Rahmen eines UVP-Feststellungsverfahrens keinerlei Mitspracherecht haben. Dies sei nicht EU-konform.

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"Stellt die Behörde fest, dass für die Durchführung eines Projekts keine UVP erforderlich ist, können Nachbarn diese Entscheidung in Österreich laut aktueller Gesetzeslage nicht anfechten", erklärt Rechtsanwalt Wolfgang List. Er vertrat vor dem EuGH in Luxemburg die Klagenfurterin Karoline Gruber, die als Anrainerin den Bau eines Fachmarktes in der Landeshauptstadt bekämpfte und nun von der höchsten Instanz Recht bekam.

Weil sie keine Parteienstellung hatte, konnte sie den negativen UVP-Feststellungsbescheid der Landesregierung für dieses Projekt bislang nicht anfechten. "Nun werde ich eine UVP-Prüfung beantragen. Es kann nicht sein, dass neben meinem Haus täglich 10.000 Autos zu einem Parkplatz fahren sollen und ich als Anrainerin nicht gefragt werde", betont die 74-Jährige.

"Einiges zum Tüfteln"

In Juristenkreisen schlug die Nachricht vom EuGH-Urteil am Freitag Wellen. "Es wird heiß diskutiert, denn nun steht eine Reparatur des österreichischen UVP-Gesetzes im Raum. Oder man wird andere Gesetze erweitern müssen. Es wird einiges zum Tüfteln geben", sagt Professor Bernhard Raschauer vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Uni Wien. Aus dem Umweltministerium heißt es: "Der Fall wurde dem Verwaltungsgerichtshof übertragen. Ob das Gesetz angepasst werden muss, wird sich erst nach dessen Entscheidung weisen."

Insider glauben, dass das Urteil Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben in Österreich haben wird, weil Unternehmer nunmehr bei Planung und Durchführung von Projekten die Anrainer-Interessen berücksichtigen müssen. Sie sind damit während des Prozesses der Feststellung einer UVP dem Projektwerber, den mitwirkenden Behörden, dem Umweltamt und der Standortgemeinde gleichgestellt, weil sie zur "betroffenen Öffentlichkeit" zählen, wie festgestellt wird.

Alle Projekte betroffen

"Wann immer der Bescheid ergeht, dass kein UVP-Verfahren erforderlich ist, kann künftig jeder Anrainer diese Causa vor Gericht bringen. Und der EuGH schränkt nicht ein; das betrifft den Kraftwerksbau und das Garagenprojekt des Nachbarn gleichermaßen", unterstreicht Raschauer.