Erster europäischer Alm-anach
Von Martin Burger
Salzburger Bauern und Halter klagen über Dürreschäden und Produktionseinbußen gigantischen Ausmaßes. Von der anhaltenden Trockenheit im Lungau, Pinzgau und Pongau künden braune Bergweiden, ein ungewohntes Bild im Westen Österreichs.
Ortswechsel nach Italien. Im Südtiroler Vinschgau läuft auch der heurige trockene Almsommer ohne Probleme ab. Valentin Mair, Agrarexperte der Landesregierung in Bozen, berichtet stolz über die verschiedenen „Alpprodukte“, die in Dorfläden angeboten werden.
Mair ist der Projektleiter für den soeben erschienenen „Almatlas“, der ersten gemeinsamen Erhebung über Almen in Italien, der Schweiz, Bayern und Österreichs. Sein Befund: Den Almen gehe es „relativ gut“.
Das überrascht, zumindest wenn man die aktuelle Dürre betrachtet. Sind an der Südabdachung der Alpen nicht viel härtere Hitzefolgen zu befürchten als in Österreich? Ulrike Tappeiner, Ökologin von der Universität Innsbruck, hat die Antwort. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit dem Klimawandel in Gebirgsregionen. Sie forscht auch in Südtirol, denn „dort ist es seit Jahrzehnten üblich, dass Almen, Bergmähder und Grünland allgemein künstlich mit Beregnungsanlagen bewässert werden, das kennt man in Österreich noch kaum“.
Der Vorteil: Auch in Trockenzeiten muss das Vieh nicht abgetrieben werden, es ist genügend Grünfutter vorhanden. Das Wasser zum Bewässern stammt von den schmelzenden Gletschern.
Wasserversorgung
Einen Vorteil haben Almbauern im Vergleich zu den Tallagen: Grasland erholt sich selbst nach einer langen Dürreperiode relativ rasch. Ein wichtiger Unterschied zum Ackerland der Ebenen, wo das Bodengefüge durch den Pflug zerstört wird, und damit auch die Wasserverfügbarkeit im Boden. Auf Almen sind die Böden hingegen tiefgründig und gut mit Wasser versorgt. Sollte es dennoch zu einem Engpass kommen, wie heuer, sind die Gräser „die ersten, die ihre Blattporen schließen und ihre Aktivität einstellen“. Unmittelbare Folge: Der Futterertrag auf den Almen geht deutlich zurück. Und mittelbar? Wenn die Intervalle zwischen extremen sommerlichen Dürreperioden kürzer werden – 2003, 2008 und 2013 – ändert sich auch die Artenzusammensetzung in den Weiderasen allmählich. An die neuen Umweltbedingungen angepasstere, dürreresistentere Gräser werden häufiger.
Zurück zu Valentin Mairs vorsichtig positivem Befund über die Almen. Die Datenlage lässt folgende Aussagen zu:
Die Melkalmen und vor allem die Sennalpen unserer Kindheit sind in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. Zum einen.
Zum anderen: Die Vermarktung bäuerlicher Erzeugnisse hat Zukunft. Almochse, -käse, -gans, oder -schwein sind bei den Gästen nachgefragt. Graukäse von der Froßnitz- und der Arnitzalm bei Matrei in Osttirol wird unter Freuden uriger Kost als Geheimtipp gehandelt.
... die Arbeitsgemeinschaft, die das erste europäische Almregister verfasst hat, den Almatlas, „Arge Alp / Alm“ heißt? Alm ist der bairische Ausdruck, Alp oder Alb alemannisch. Beide bedeuten „Bergweide“.
... die Luft auf der Alm staub- und raucharm ist? Die stärkere Sonneneinstrahlung fördert den Aufbau von Phosphor und Kalk in den Knochen.
... der diesjährige Alm-Wandertag am 15. August auf der Treffling-Maierhofweide in Puchenstuben (NÖ Mostviertel) stattfindet? Almführungen speziell für Familien ab 12 Uhr. www.puchenstuben.at
... die Alm ein künstlerisch inspirierender Ort sein kann? Jedenfalls für Alexander Mitterlechner. Der Salzburger Maler leitet im August einen Aktmalkurs auf der Reitlehenalm in Altenmarkt- Zauchensee im Pongau in 1280 m Seehöhe. Den Workshop auf der Alm veranstaltet der „Altenmarkt-Zauchensee Tourismus“ im Rahmen des Sommerprogramms „natura.kreativ“ von 18. bis 30. August.
... sich 365 Hütten, Almen und Höfe über die größte Hochalm Europas, die Seiser-Alm, verteilen? In den meisten wird eine deftige „Marend“ serviert, eine Südtiroler Spezialität aus Speck, Bergkäse, Kaminwurzen und Brot. www.tuffalm.it
...man auf den Almen im Westen Österreichs Schotten sagt, wenn man Topfen meint? Besonders gut schmecken soll Topfen aus Ziegenmilch. Ausprobieren!
... der Fedlkoch die Leibspeise der Halterbuam, also der jungen Hirten war. Der Fedlkoch, eine Süßspeise, wurde von den Sennerinnen zubereitet, wird heute aber nur noch in der Obersteiermark angeboten.
... 14,3 Millionen Menschen in den Alpen leben? Die meisten in den großen Städten im Tal.