Diskriminierung: Am Teich sind nicht alle gleich
Von Katharina Zach
"Sie wollen halt keine Wiener", meint Helena G. aus Wien nur halb im Scherz und setzt sich in ihrem Liegestuhl auf. Es ist Donnerstagvormittag und auf der Liegewiese des Gemeindeteichs "Ozean" in Guntramsdorf, NÖ, haben es sich die ersten Sonnenhungrigen bequem gemacht. Doch zwischen den Gästen gibt es einen Unterschied: Ortsfremde haben heuer für ihre Saisonkarte doppelt so viel bezahlt wie Einheimische. Eine – wie sich nun herausstellte – unzulässige Ungleichbehandlung, die nach einer Beschwerde die Volksanwaltschaft auf den Plan gerufen hat.
"Das Vorgehen ist nicht rechtskonform", sagt Volksanwältin Gertrude Brinek. Die EU sieht in einem derartigen Fall nämlich eine Diskriminierung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit (siehe Zusatzbericht). "Es ist nicht möglich, unterschiedliche Tarife zu verrechnen." Das Land NÖ, das der Ansicht der Volksanwaltschaft grundsätzlich folgt, prüft nun, ob es Ausnahmen gibt, die das Vorgehen der Gemeinde rechtfertigen.
"Es gibt nach wie vor eine Vielzahl von Fällen von Einheimischentarifen", sagt Europarechtsexperte Walter Obwexer von der Uni Innsbruck. Mittlerweile werden sie aber meist nicht mehr offiziell ausgeschildert. Neben ungleichen Eintrittspreisen bei Schwimmbädern betreffe das auch Museen, Skilifte oder gewisse Vorteilskarten. So sei etwa das "Freizeitticket Tirol" nur für Menschen mit Hauptwohnsitz, Arbeitsplatz oder Studienort in Tirol zu erwerben.
"Zuckerl" für Bürger
Beschwerden hat es zuletzt im südlichen Wiener Umland gegeben. So kritisierte die Volksanwaltschaft im Vorjahr Guntramsdorfs Nachbargemeinde Wiener Neudorf, da von 3500 Saisonkarten für den dortigen Badeteich nur 200 an Ortsfremde vergeben wurden. Geändert hat sich nichts, euch heuer gibt es ein Kontingent. In Laxenburg zahlen zwar alle gleich viel, die Gemeinde subventioniert die Saisonkarten der eigenen Bürger für den Badeteich jedoch via Teilrückzahlung.
Die Ortschefs halten ihre "Zuckerl" für zulässig. "Die Bürger haben ohnehin schon für unsere Teiche bezahlt, etwa mit ihren Müll- und Kanalgebühren", meint Guntramsdorfs Ortschef Robert Weber. Amtskollege Herbert Janschka argumentiert ähnlich. Zudem sei der Wiener Neudorfer Teich die einzige Erholungsoase für seine verkehrsgeplagten Bürger, was die Bevorzugung rechtfertige. Laxenburgs Bürgermeister Robert Dienst, erklärt, dass die Rückzahlungen unter den Titel "soziale Subvention" fallen und daher zulässig seien.
Somit bleibt es am "Ozean" nur beim Ärger. "Den doppelten Preis zu verlangen, ist schon viel", meint Wienerin Anneliese St. 50 Prozent mehr hätte gereicht. "Ich finde das nicht ganz in Ordnung", unterstützt sie Franz K. aus Baden. Aber keine Karte zu kaufen? Keine Option.
Die Dienstleistungsrichtlinie, die Rabatte für Einheimische verbietet, gilt seit 2006. Bei Verstößen können sich Ausländer beim Europäischen Gerichtshof, Inländer beim Verfassungsgerichtshof wehren. Den Klagsweg wagen aber nicht viele.
Was die Tarife in den Skigebieten betrifft, meint der Fachverband der Seilbahnen der Wirtschaftskammer, dass Seilbahnen als Verkehrsdienstleistungen gelten und daher von der Richtlinie ausgenommen sind. Rechtsexperte Walter Obwexer teilt diese Ansicht nicht.