Chronik/Österreich

Die Kunst des falschen Zeitpunkts: Marktamt überprüft Restaurant

Dieter Elsler ist prinzipiell ein gelassener Zeitgenosse. Jahrelang hat er für eine österreichische Großbank Veranstaltung organisiert und durchgeführt. Nie ist er dabei aus der Ruhe gekommen. Heute war es dann soweit.

Doch beginnen wir die Geschichte von vorne: Vor zwei Jahren machte sich der 37jährige Niederösterreicher selbstständig und übernahm in der Kolingasse im 9. Wiener Gemeindebezirk das Lokal "Das Kolin". Er investierte, suchte sich Personal und bekam eine Betriebsanlagengenehmigung. Die Geschäfte laufen gut. Doch dann kam Corona - und das Marktamt.

 

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Unangekündigte Überprüfung

Am Dienstag der vergangenen Woche gab es eine unangekündigte Überprüfung des Marktamtes. Es ist für die Einhaltung von Hygienevorschriften zuständig. Und wer suchet, der findet. Der Keller muss gefliest werden. Die Regale, auf denen Weinflaschen liegen, wurden beanstandet. Als Frist für die Behebung der Mängel wurde der 10. Juni vereinbart. So weit, so gut. "Dennoch habe ich mich über den Zeitpunkt geärgert", sagt Elsler. An diesem Tag verkündete die Regierung die ersten Schließungen. Es war klar, dass weitere folgen werden, "auch welche, die uns Gastronomen betrifft", so Elsler. "Das heißt für uns, dass wir den Kopf bei anderen Dingen haben sollten, dass uns das viel Geld kostet und wir auch motivationsmäßig eher Rücken- als Gegenwind bräuchten". Die geforderten Umbaumaßnahmen würden ja viel Geld kosten. "Ich halte es, gelinde gesprochen, für einen unzumutbaren Umstand, dass in einer derart wirtschaftlich bedrohlichen Situation um nicht zu sagen existenziell vernichtenden, seitens einer Behörde ohne erkennbaren Grund, Vorgaben geändert werden", sagt Elsler, denn alles was beanstandet wurde, war ja durch die Betriebsanlagengenehmigung aus dem Jahr 2014 gedeckt.

Bereits Mitte der Woche kündigte Elsler alle seine neun Mitarbeiter. Einvernehmlich mit Wiederanstellungsgarantie. "Die waren super loyal und entgegenkommend", sagt Elsler zum KURIER. Was man vom Marktamt nicht sagen kann.

Wer ist der Eier-Lieferant?

Denn diese Woche Montag meldete sich der Herr vom Marktamt neuerlich. Er müsse jetzt sofort wissen, wer der Lieferant für die Eier sei. Damit er überprüfen könne, ob die Herkunftsangabe korrekt seien. Da platzte Elser der Kragen und kündigte an, die Geschichte zu veröffentlichen. Am ersten Tag der erzwungenen Restaurantschließungen Fragen zum Eier-Lieferanten beantworten zu müssen, sei nicht mehr zumutbar. "Der Marktamt-Mitarbeiter hat bei der Überprüfung von den Eiern sogar ein Foto gemacht, auf dem zu erkennen sein muss, dass diese aus Österreich sind, da alle unserer Eier mit dem entsprechenden Siegel versehen sind."

"Wir wissen alle nicht wie es weitergeht", so Elser. Die letzten Wochen vor der Schließung gingen die Umsätze schon um 50 Prozent zurück. Jetzt sind sie auf null. Die Kosten laufen weiter. Und der Ärger bleibt sicher noch länger.

 

Beim Wiener Marktamt kann man die Vorwürfe des Gastronomen nicht nachvollziehen. Am vergangenen Dienstag habe es noch keine behördliche Anordnung gegeben, dass die Lokale wegen der Ausbreitung des Coronavirus schließen müssten. Deswegen sei auch die Kontrolle wie üblich abgelaufen, sagt Sprecher Alexander Hengl. „Und vielleicht ist es sogar gut, dass in Zeiten wie diesen eine genaue Kontrolle der Lebensmittel erfolgt.“

Auch die Kritik an der Nachfrage bezüglich der Eier ist für Hengl nicht verständlich. „Wenn wir vor Ort Proben ziehen und der geprüfte Betrieb kann uns nicht gleich die Angaben zur Herkunft machen, rufen wir ihn noch einmal an und fragen nach, bevor es zu einer Anzeige kommt. Natürlich könnten wir in Zukunft auch gleich eine Anzeige machen.“