Chronik/Österreich

Die i-Tüpferl-Suche bei Verkehrsstrafen

Gute Aussichten für Verkehrssünder: Die Verwaltungsgerichte scheinen immer pingeliger zu werden, was die gesetzeskonforme Gestaltung von Verkehrszeichen anbelangt. Bei Abweichungen werden Strafen gerne aufgehoben.

Nachmessen

Ein Tiroler sollte 100 Euro Strafe zahlen, weil er die Geschwindigkeitsbeschränkung missachtet hatte. Die Berufungsinstanz ließ nachmessen, wo die Tafeln mit dem Tempolimit aufgestellt sind und musste feststellen, dass sie fünf Meter zu weit von dem betreffenden Streckenabschnitt entfernt montiert worden waren. Die Geschwindigkeitsbeschränkung war daher „nicht gehörig kundgemacht“ worden, die Strafe deshalb nichtig. Zitat: Aus der Straßenverkehrsordnung „lässt sich zwar nicht entnehmen, dass sich eine Verpflichtung zur ’zentimetergenauen’ Einhaltung ergibt; differiert der Aufstellungsort allerdings um 5 m, kann von gesetzmäßigen Kundmachung keine Rede sein.“

Zusatztafel

Es kommt auch darauf an, für wie viele Meter oder Kilometer das Tempolimit gelten soll. Ein Autolenker war in Vorarlberg um satte 40 km/h zu rasant unterwegs gewesen und sollte 340 Euro Strafe zahlen. Allerdings vermisste das Berufungsgericht die Zusatztafeln mit der Angabe über die jeweilige Streckenlänge der Geschwindigkeitsbeschränkung. Bei Tempolimits für Strecken von mehr als einem Kilometer sind solche Zusatztafeln vorgeschrieben. Weil sie hier fehlten, müssen die 340 Euro Strafe nicht gezahlt werden.

Verständlichkeit

Ein Wiener stellte seinen Wagen an einem Sonntag in einem Halte- und Parkverbot ab. Eine Zusatztafel hatte mit folgenden Text verwirrt: "Mo. - Fr. (werkt.) v. 6 - 12 h, ausgen. Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen, für verbleibenden Zeitraum ausgenommen Taxi." Darf man also am Sonntag parken, egal, um welche Uhrzeit? Oder nur, wenn man ein Taxler ist? Oder wie?

Der Verwaltungsgerichtshof befand, hier sei eine "mehrfache Deutung" zulässig: Der Text "für verbleibenden Zeitraum ausgenommen Taxi" müsse wohl auf den Sonntag hinweisen, an dem man als Nicht-Taxifahrer dort ebenfalls nicht halten und parken darf, sonst ergäbe es keinen Sinn. Das ändert aber nichts an der "mangelnden leichten Verständlichkeit der Zusatztafel", so die Richter, weshalb der (Falsch-)Parker ungestraft davon kam.

Ausnahmen

Auch die Zusatztafeln zu Fahrverboten werden gerne in Rätselform formuliert. Ein Autolenker wurde erwischt, als er in Korneuburg, NÖ, ein Fahrverbot missachtete. Laut Zusatztafel ist die "Zufahrt für Anrainer gestattet." Er selbst hat in der Straße seinen Dienstort und meint, auch die Angestellten der dort ansässigen Firma seien als Anrainer zu betrachten.

Auch diese Zusatztafel lässt eine mehrfache Deutung zu: Gilt die Ausnahme auch für Besucher bzw. Lieferanten der Anrainer? Oder nur für die Bewohner?

Mehrfache Deutung – wie gehabt, die 200 Euro Strafe sind Schall und Rauch.

Bildliche Darstellung

Ein Salzburger hatte das Überholverbot missachtet und sollte 200 Euro zahlen. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg fand jedoch ein Haar in der Suppe des Strafbescheids: In der Straßenverkehrsordnung zeigt das Vorschriftszeichen zum Überholverbot zwei runde Pkw. Im Verkehrszeichen am Tatort sind zwei eckige Pkw zu sehen. Das sei eine abweichende Darstellung, die Strafe daher nichtig. Das ging dem Verwaltungsgerichtshof aber zu weit: Die Darstellungen auf Verkehrszeichen müssen in ihrer Art und Größe "leicht und rechtzeitig erkannt werden können". Ob es sich um runde oder eckige Autos handelt, spielt dabei keine Rolle.