Chronik/Österreich

Debatte um freiwillige Motorradtrainings

35 Motorradfahrer verloren im ersten Halbjahr 2017 auf Österreichs Straßen ihr Leben. Das sind sieben Tote mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. 2015 wurden mit 37 ähnlich viele Todesopfer wie heuer registriert. Verglichen zu den Unfalltoten im gesamten Verkehr sind Biker aber die traurige Ausnahme – sonst passieren nämlich immer weniger tödliche Verkehrsunfälle.

Ein Grund dafür ist die wachsende Popularität des Motorrads. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der angemeldeten Bikes in Österreich auf 500.000 verdoppelt. Seit 2003 müssen Motorradfahrer innerhalb von 14 Monaten eine Mehrphasenausbildung absolvieren, die ein Fahrsicherheitstraining und auch eine Perfektionsfahrt verlangt. Danach heißt es freie Fahrt, rund 10.000 Biker pro Jahr machen aber freiwillig Fahrtrainings.

Selbstüberschätzung

Das Mipra-Institut hat im Auftrag des Verkehrssicherheitsfonds allerdings jetzt in einer Studie herausgefunden, dass die Trainings, wie sie derzeit angeboten werden, nur wenig nützen: Zwar verringert sich das Risiko eines Unfalls nach dem Training um bis zu zehn Prozent, weil die Biker danach aber öfter aufs Motorrad steigen, bleibt die Unfallwahrscheinlichkeit aber gleich hoch.

Alle Inhalte anzeigen
Direkt danach, steigt die Unfallgefahr sogar: "Bei den Trainings wird oft die Selbstüberschätzung gesteigert. Die Teilnehmer fühlen sich sicherer und wollen Fahrtechniken, die sie gelernt haben, auch ausprobieren. Das führt leider häufig zu Unfällen", erklärt der Leiter der Studie, Michael Praschl. Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt es dabei keine.

Der Verkehrsexperte fordert eine bessere Bewusstseinsbildung bei den Bikern. So solle auch in Einheiten, in denen es eigentlich nur um Fahrtechniken geht, der Sicherheitsaspekt besser vermittelt werden. Kritisch sieht das der bundesweit größte Anbieter der Trainings, der ÖAMTC.

Sicher mit Gutschein

"Wenn ich bei den Sicherheitstrainings frage, wie viele Teilnehmer sich den Kurs selbst bezahlt haben, zeigen rund 40 Prozent auf. Die meisten bekommen Gutscheine von ihren Partnern geschenkt, weil die sich sorgen", sagt Georg Scheiblauer vom ÖAMTC. Wirklich freiwillig und auf eigene Kosten würden die Biker vor allen Schulungen machen, wo sie neue Techniken lernen.

Die Trainings sollten laut Scheiblauer intensiviert werden: "Für Motorradfahrer wäre es ideal, jedes Jahr ein Training zu absolvieren. In Österreich stehen die Motorräder in den Wintermonaten in der Garage und danach ist die Routine weg. Zu Beginn der Saison ist ein Training daher besonders wichtig, um sich wieder sicher zu fühlen."

Als Ansporn schlägt der ÖAMTC eine finanzielle Unterstützung vor. Das Burgenland, OÖ und die Steiermark schießen bereits 50 Euro zu den 220 Euro Trainingskosten zu. Praschl und Scheiblauer sind sich einig, dass so ein Model sinnvoll wäre. Über den Inhalt der Kurse sollte aber noch diskutiert werden.

Die Zahl der Verkehrstoten in Österreich sinkt weiterhin. Im vergangenen Jahr wurden 10,9 Prozent weniger tödliche Unfälle verzeichnet. Nun gab die Polizei die Zahlen für das erste Halbjahr 2017 bekannt.

Zwischen dem 1. Jänner und dem 9. Juli verloren 184 Menschen ihr Leben. Im Vergleichzeitraum des Vorjahres zählte man 211 Tote, im Jahr 2015 waren es 229 Tote.

Die meisten tödlichen Unfälle ereigneten sich in allen drei Jahren in Niederösterreich – gefolgt von Oberösterreich und der Steiermark. Die häufigsten Ursachen für Unfälle mit Todesfolge wurden in der Verkehrsstatistik 2016 ausgewiesen: Als Hauptunfallursachen gelten demnach Unachtsamkeit sowie Ablenkung – 30,3 Prozent der Unfälle waren darauf zurückzuführen. Nicht angepasste Geschwindigkeit (27,3 Prozent) und Vorrangverletzung (12,9 Prozent) waren die zweit- und dritthäufigsten Auslöser für tödliche Unfälle. Alkohol war im Jahr 2016 in 3,2 Prozent die Ursache für einen tödlichen Unfall.