Kärntner Bauern zittern vor dem Wolf
Von Thomas Martinz
Laut DNA-Untersuchungen streifen „nur“ zwei Wölfe durch das Kärntner Lavanttal (Bezirk Wolfsberg), aber die subjektive Wahrnehmung der Rinderbauern ist eine ganz andere. Manche von ihnen wollen sogar zur Waffe greifen, um ihr Vieh sowie ihr eigenes Leib und Leben vor dem Wildtier zu schützen. Indes prüft das Land vorerst harmlosere Maßnahmen.
„Achtung Wölfe“ steht auf rund 100 Tafeln, die in Wäldern im Lavanttal und auf der Saualm an Bäumen angebracht sind. Grundstückseigentümer und Jäger können die Schilder um 20 Euro beim Rinderproduktionsring bestellen und auf ihrem Privatgrund aufhängen. „Es geht uns nicht darum, Wanderer oder Schwammerlsucher zu verunsichern oder zu vertreiben. Wir Bauern wollen die Gefahr, die vom Wolf ausgeht, aufzeigen. Wenn das Wildtier überhand nimmt, wird es gefährlich – nicht nur für die Rinder auf unseren Almen, nicht nur für den Tourismus, sondern für die gesamte Region“, sagt einer der „Achtung-Wölfe“ Initiatoren, Franz Tripolt aus St. Margarethen.
Die Tierschützer sind ihm egal. „Aus dem zehnten Stock des WWF-Hauses in Wien können die nicht beurteilen, ob das System in unserer Region in Gefahr ist. Man darf die Bestie, die vor 100 Jahren verschwunden ist (2013 wurde letztmals ein Wolf im Lavanttal abgeschossen, Anm.), nicht in einer Vielzahl willkommen heißen“, sagt Tripolt. Bevor seine Tiere qualvoll verenden, werde er „selbst die Flinte in die Hand nehmen. Und wenn ich sitzen gehe“, kündigt er an.
Der Wolfsberger Bezirksjägermeister Walter Theuermann versucht, die Gemüter zu beruhigen. Der Wolf sei ein scheues Tier und für die Menschen würde so gut wie gar keine Gefahr bestehen. Für die Tiere allerdings schon. „Wir werden erst jetzt nach dem Almabtrieb sehen, welchen Abgang wir durch den Wolf haben und dann per DNA-Proben die aktuelle Zahl der Wölfe in unserer Region erkunden“, erklärt er. Aufgrund von Sichtungen auf der Kor- und Saualpe geht Theuermann derzeit von zwei bis vier Individuen aus.
Zwei Nachweise
Zwei sind definitiv aus den Jahren 2016 und 2017 (die DNA desselben Tiers wurde auch im Salzkammergut festgestellt) von Rehrissen auf der südlichen Koralpe nachgewiesen. Eine weitere Probe aus dem Jahr 2018, die bei einem gerissenen Pony in Preitenegg (Bezirk Wolfsberg) gefunden wurde, habe einen Anteil eines Wolfes russischer Herkunft ergeben, sagt der Wildbiologe Thomas Huber.
Der Experte weiß: „Die Stimmung in der Bevölkerung im Tal kippt.“ Huber glaubt, der Wolf könnte „ein massives Problem werden. Kommt es zur Rudelbildung, dann droht eine Welle, die momentan in Nachbarländern erkannt, in Österreich jedoch noch verharmlost wird. Vorsichtsmaßnahmen wie Vergrämung und Bejagung sind Teil eines Managementplans, um das Wildtier scheu zu halten. Es wird nur auf diese Art gehen.“
Antrag gestellt
Ein Lavanttaler Jagdausübungsberechtigter hat Anfang September bei der Landwirtschaftsabteilung des Landes Kärnten eine Ausnahmegenehmigung zur Vergrämung des Wolfes in Auftrag gegeben. „Die Novelle des Kärntner Jagdgesetzes gewährt Maßnahmen mit Schreckschuss- oder Gummigeschossen und falls erforderlich als sogenanntes ‚letztes Mittel’ auch die Bejagung. Aktuell wird der Antrag geprüft“, heißt es aus dem Büro von Landesrat und Jagdreferent Martin Gruber (ÖVP).