Chronik/Österreich

Ansturm auf neuen Führerschein

Die Hälfte aller Menschen, die im Verkehrsamt einen neuen Führerschein beantragen, bräuchten ihn eigentlich gar nicht", sagt Manfred Reinthaler von der Wiener Polizei. Doch das Unwissen ist enorm, die Ämter werden derzeit gestürmt. Rund drei Millionen Menschen haben bereits ein neues Dokument, ungefähr genau so viele haben noch ein altes. Ein Umtausch ist nur in bestimmten Fällen notwendig: Etwa für 16-Jährige mit Mopedausweis, die auch im Urlaub Moped fahren wollen.

Am Wiener Verkehrsamt wollen derzeit bis zu 500 Lenker pro Tag ein neues Dokument, doch es können nur 200 ausgegeben werden. Noch dramatischer ist die Lage in Graz, wo es heuer eine Steigerung von 250 Prozent gibt. "Der Behörde werden die Türen eingerannt", sagt eine Mitarbeiterin.

Ansturm

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Einen Ansturm auf die Verkehrsämter erlebt auch das Bundesland Salzburg: Wurden im September 2011 noch 2670 Scheine gedruckt, waren es diesen September bereits 3553. "Es ist anstrengend und wir müssen alle zusammenhelfen", berichtet Wolfgang Kriechhammer von der BH Salzburg-Umgebung.

In etwa doppelt so viele Burgenländer wie noch 2011 haben sich heuer einen neuen Führerschein im praktischen Kleinformat ausstellen lassen. Normalerweise bearbeitet die BH Neusiedl am See bis Ende September rund 2000 Führerschein-Anträge, heuer waren es bereits 4000, berichtet Bezirkshauptmann Martin Huber: "Die meisten erkennen selbst, dass sie mit dem Foto nicht mehr übereinstimmen", meint Huber, außerdem sei der Scheckkarten-Führerschein ein "beliebtes Ausweisdokument" und "es passt ins Geldbörsel". Je näher die Frist rückt, desto mehr werden beantragt. In der BH Oberwart hat man heuer 1500 Führerscheine mehr neu ausgestellt als im Jahr 2011, in Güssing werde man bis Ende des Jahres auf 2000 ausgestellte Scheckkarten kommen. "Viele haben Angst vor einer Befristung. Manche glauben sogar, sie müssten eine neue Prüfung machen", erklärt Martin Kulovics von der Führerscheinstelle. Er kläre die Leute dann auf, "aber die meisten haben schon die Passfotos mit und dann stellen wir einen neuen Schein aus".

Auch in OÖ verdoppelte sich die Zahl der Ansuchenden. Ein Rundruf ergab aber, dass es kaum Wartezeiten in diesem Bundesland gibt. In Vorarlberg gibt es nur einen geringen zusätzlichen Andrang, anders in Tirol: Auf der Innsbrucker Herbstmesse wurde sogar eigens eine mobile BH nur dafür eingerichtet.

Jugendliche sagen: "Eigentlich ist das zu früh"

Fünfzehneinhalbjährige dürfen künftig Auto fahren. Es gibt für sie aber einige Einschränkungen: Die Jugendlichen dürfen nur im Rahmen ihrer Ausbildung zum L17-Führerschein und in Begleitung (ihrer Eltern oder eines Fahrlehrers) am Steuer sitzen. Außerdem müssen sie zugleich auch die Ausbildung zum Mopedführerschein machen.

"Eigentlich ist das viel zu früh. Rauchen und Clubs sind ja auch erst ab 16 erlaubt und in diesem Alter kann man die Gefahr noch nicht so einschätzen", sagt Sandra Prettner. Sie wurde vor rund einem Monat 16 Jahre alt und macht derzeit ihre L17-Ausbildung in der Mödlinger Fahrschule Fürböck – gemeinsam mit Nathalie Nebuda, die im gleichen Monat wie sie Geburtstag hatte. Auch sie ist skeptisch: "Mit 15 ist man wirklich jung. Es passieren doch so viele Unfälle in diesem Alter. Ich selber hätte es auch nicht früher gemacht, wenn ich dürfte."

Der KURIER befragte mehrere Jugendliche und eigentlich waren sich alle einig, dass eine Senkung des Alters nicht gut ist. "Man hätte das eher nach hinten schieben sollen. Mit L17 sind doch die Unfallzahlen gestiegen. Mit 15 darf man ja auch nicht trinken", meint Lena Dannemaier.

"Die Frage ist doch: Ist 18 schon ausreichend?", meint Bettina Seger, 18, die die L17-Ausbildung schon hinter sich gebracht hat. "Zumindest wird man jetzt aber etwas flexibler bei der Ausbildung". Denn bis zur Prüfung müssen Jugendliche 3000 Kilometer mit ihren Eltern unterwegs sein und auch einiges an Ausbildung absolvieren. Das ist für viele innerhalb eines Jahres zu knapp.

"Absolut okay" fand nur Felix Wech, 18, dass künftig schon 15-Jährige unter gewissen Voraussetzungen mit dem Auto unterwegs sein dürfen: "Man kann so länger üben. Allerdings sollte einem der Fahrlehrer dann auch zusätzliche Fahrstunden aufbrummen können."

Die wichtigsten Änderungen ab 19. Jänner

Befristungen "Ab 19. Jänner werden Führerscheine nur mehr befristet auf 15 Jahre ausgegeben", sagt ÖAMTC-Juristin Ursula Zelenka. Ursprünglich waren automatische Gesundenuntersuchungen geplant. Das wurde auf EU-Ebene, aber auch von Österreichs Verkehrsministerin Doris Bures verhindert. Die alten Führerscheine bleiben daher bis 2033 gültig.

Einheitlich In der gesamten EU gibt es verschiedenste Führerscheinklassen, derzeit sind 110 verschiedene Dokumente in Verwendung. Deshalb gibt es ab Jänner in Europa ein einheitliches Dokument mit nur noch 16 verschiedene Führerscheinklassen – in Österreich waren es bisher elf.

Fälschungssicher Gut gefälschte EU-Führerscheine werden in Bangkok (Thailand) auf offener Straße derzeit um etwa 10 bis 20 Euro angeboten. Deshalb bestand in Sachen Fälschungssicherheit Handlungsbedarf. Das neue Dokument hat zwei Fotos, eine fühlbare Laserschrift oder eine Mikroschrift.

Einstiegsalter Ab Jänner dürfen theoretisch auch Lenker ab 15,5 Jahren auf die Straße. Allerdings gibt es hier zahlreiche Einschränkungen (siehe auch Zusatzbericht rechts) .

Unter 0800/21 53 59 kann man im Verkehrsministerium einen Folder mit genauen Infos bestellen.