Chronik/Österreich

14-Jähriger drohte der Mutter: U-Haft

Im Mai 2013 wurde ein 14-Jähriger in Wien nach einem versuchten Handyraub in U-Haft gesteckt und von einem Mithäftling vergewaltigt. Der Bub, der laut Gutachten über die geistige Reife eines Achtjährigen verfügte und daher freigesprochen wurde, hätte gar nicht eingesperrt werden dürfen. Sein Fall brachte Bewegung in den Jugendstrafvollzug: Betreute Wohneinheiten statt U-Haft lautete die Devise.

Drei Jahre später landen Kids immer noch hinter Gittern, wenn man nicht weiß, was man sonst mit ihnen anfangen soll. Zuletzt geschehen am Muttertag in Salzburg: Der Streit zwischen einem Gymnasiasten und seiner Mutter um das exzessive Internet-Surfen des Buben eskaliert. Der 14-Jährige hält seinem neunjährigen Bruder ein Messer an den Hals und erpresst seine Mutter, dass sie den Internet-Zugang frei geben soll. Der Mutter gelingt es, dem 14-Jährigen den Bruder zu entreißen, sie flüchtet ins Badezimmer und alarmiert die Polizei. Diese spricht gegen den Buben ein Betretungsverbot aus.

Aber wohin mit ihm? In den Bundesländern gibt es so gut wie keine betreuten Wohneinrichtungen. Auch dem Vater – die Eltern leben in Scheidung und liefern einander einen Rosenkrieg – wollte man den aufgebrachten Buben nicht anvertrauen. Eine Richterin verhängte daraufhin U-Haft, für die üblicherweise weder das Alter noch das Delikt sprechen würden.

Ausgeschlossen

"Mit vielen Reaktionen auf pubertäres abweichendes Verhalten werden Jugendliche, noch bevor sie in die Gesellschaft hineingewachsen sind, schon aus ihr ausgeschlossen", kritisiert der Leiter von Neustart (Bewährungshilfeverein) Salzburg, Johannes Bernegger. Dieser Ausschluss erfolge bereits durch überforderte Eltern, später durch Schulen und letztlich durch Polizei und Gericht. Zumindest letzteres müsse laut Bernegger jedoch nicht sein, "wenn wir durch konstruktive Maßnahmen wie Schulsozialarbeit und Sozialnetzkonferenzen rechtzeitig an der Stabilisierung des familiären Umfelds arbeiten könnten. Und wenn es genügend Krisenplätze bzw. intensiv betreute Wohngemeinschaften für Jugendliche gäbe." Sozialarbeiter Bernegger ruft Bund, Land, Justiz und Jugendämter auf, gemeinsam mit NGOs Lösungen zu finden.

Keine Strafe

Immerhin war die Salzburger Justiz schnell, binnen einer Woche wurde der 14-Jährige vor Gericht gestellt, ohne Verhängung einer Strafe verurteilt und aus der U-Haft entlassen. Es fand sich doch noch Platz in einem Krisen-Interventionszentrum, die Schulkollegen stehen hinter dem Buben, der Kontakt zur Familie wird behutsam wieder aufgebaut.

Das Gefängnis ist der schlechteste Platz in solchen Fällen, findet Bernegger: "Sonst produzieren wir Straftäter, und aus einer pubertären Krise wird eine kriminelle Karriere."

78 jugendliche Tatverdächtige sitzen österreichweit aktuell in U-Haft, ein einziger ist alternativ in einer betreuten Wohneinheit in Wien untergebracht. Das Justizministerium sucht Einrichtungen im ganzen Land, die sich sozialpädagogisch um gestrauchelte Jugendliche kümmern können.