13 Angeklagte in IS-Terrorprozessen
Vor und im Gericht patrouillieren Polizisten. Zuschauer müssen ihre Mobiltelefone abgeben und Ausweise kopieren lassen. Journalisten mussten sich vorab anmelden: Während der insgesamt vier Dschihadisten-Prozesse gleicht das Grazer Straflandesgericht einer Sicherheitszone.
Zwei der vier Terror-Verfahren starten diese Woche. Sie alle haben eines gemeinsam: Die Angeklagten gehören zu jenen Verdächtigten, die bei den Razzien in Moscheen und muslimischen Gebetshäusern am 28. November 2014 in Graz, Wien und Linz verhaftet wurden. 900 Polizisten waren damals zeitgleich unterwegs.
Heute beginnt der Prozess gegen einen 50-jährigen Bosnier, der für den Dschihad geworben und Kontakt zu IS-Kämpfern hergestellt haben soll. Dieser Prozess soll fünf Tage dauern und ist wie jenes gegen acht weitere Angeklagte ein Schöffenverfahren: Vier Frauen und vier Männer stehen am Freitag wegen ähnlicher Vorwürfe vor Gericht.
Mordparagraf
Der brisanteste Prozess ist aber jener direkt nach den steirischen Semesterferien: Mirsad O., 34, alias Ebu Tejma wird nicht nur wegen des Verbrechens einer terroristischen Vereinigung und Bildung einer kriminellen Organisation angeklagt, sondern auch wegen Mordverdachts: Erstmals überhaupt wird eine terroristische Straftat als Mord ausgelegt.
Der Staatsanwalt beschreibt den 34-Jährigen, der hauptsächlich in Wien predigte, als "Vordenker der radikal islamistischen Szene" sowie als "Hauptideologen für den globalen Dschihadismus": Gemeinsam mit Mucharbek T., 28, soll er IS-Kämpfer angeworben haben. Der 28-Jährige soll ein halbes Jahr lang selbst in Syrien gewesen sein und "eine nicht näher bekannte Anzahl syrischer Zivilisten vorsätzlich getötet und Einwohner unter Einsatz von Waffengewalt aus ihren Häusern vertrieben haben".
Das Verfahren gegen die beiden Männer startet am 22. Februar und soll laut Gericht sechs Tage dauern. Noch nicht fixiert ist der Verhandlungstermin für das zweite Schwurgerichtsverfahren gegen zwei mutmaßliche IS-Terroristen: Auch in ihrer Anklage wird die terroristische Tat als Mord eingestuft.
Es gäbe zwar keine "aktuelle Bedrohung" im Vorfeld der Prozesse, aber es gelte "verstärkte Überwachung" für das Gericht, betont Landespolizeidirektor Josef Klamminger. "Es wird Kontrollen durch die Polizei geben, Objektsicherung und Einzelsicherung. So ein Prozess ist natürlich etwas Neues, da sind Vorkehrungen zu treffen."
Fotoverbot
Wie nervös so ein Verfahren auch die Justiz machen kann, lässt sich an deren eigenen Maßnahmen ablesen: Richter und Staatsanwälte wollen in Medien nicht namentlich genannt werden. Auch das beliebte Live-Tickern aus dem Gerichtssaal dürfte untersagt werden, doch das kann jeder der vier Verhandlungsleiter selbst entscheiden.
Nicht nur im Gerichtssaal sind die üblichen Fotos und TV-Aufnahmen vor Verhandlungsbeginn verboten, sondern im gesamten Gerichtsgebäude darf weder fotografiert noch gefilmt werden, auch nicht rund um die Mordverfahren. So viel Zurückhaltung führt offensichtlich zur Renaissance eines längst vergessen geglaubten Berufsstandes: Einige Medien engagierten schon Gerichtszeichner.